Montag: Um nicht ganz aus der Übung zu kommen, fuhr ich heute mal wieder ins Büro. Dort war nicht sehr viel zu tun, der Maileingang während der Weihnachtsurlaubstage überschaubar. Auch sonst war es ruhig, in den anderen Büros und mittags in der Kantine nur wenige Menschen. Das Arbeitsende kam zeitig, morgen habe ich schon wieder frei, um das Gleitzeitkonto zu putzen. Ab Donnerstag dann wieder voller Einsatz. Oder ab nächsten Montag. Spätestens Dienstag.
Weiterhin waren die letzten Fächer des Büro-Adventskalenders zu leeren. Statt den Schokoladeninhalt direkt zu verzehren, verstaute ich ihn vorerst in der Schreibtischschublade. Die Lust auf Süßes hält sich im Moment in Grenzen, neben drei Schoko-Nikolausen (oder -läusen?) liegen dort sogar noch zwei Nougat-Marzipan-Baumstämme. Danke, ansonsten geht es mir gut.
Vergangene Woche äußerte ich mich despektierlich gegenüber der menschlichen Bequemlichkeit, stets den Aufzug statt die Treppe zu nutzen. Als keineswegs konsequenter Mensch nehme ich ihn selbst täglich, um ins Büro zu kommen, das allerdings zurzeit im achtundzwanzigsten Stock liegt, sei zu meiner Ausflucht angeführt. Hierzu ist der Entschluss ergangen, ab sofort einmal täglich wenigstens für eine Teilstrecke aufwärts das Treppenhaus zu benutzen. Damit habe ich heute sogleich begonnen, sogar zweimal: nach dem Treffen der Kollegin vormittags über sieben, nach dem Mittagessen sogar zehn Stockwerke. Das ist schon mal ein guter Anfang.
Ebenfalls bezugnehmend auf den Eintrag vergangener Woche wurde ich darauf hingewiesen, dass die Mehrzahl von Teelicht „Teelichte“ heißt und nicht „Teelichter“. Das ist für einen Sprachpingel wie mich, der gerne Anstoß nimmt an anderer Leute liederlichem Sprachgebrauch, peinlich. Doch ein Blick in den Duden zeigt: Beides ist korrekt. (Glück gehabt.)

Dienstag: Wie morgens gemeldet wurde, gingen bei der Polizei Notrufe wegen vorzeitig gezündeter Silvesterraketen ein. Warum auch nicht, die Polizisten freuen sich bestimmt, wenn sie was zu tun haben.
Auch dieses heute endende Jahr war das wärmste seit Messbeginn, steht in der Zeitung. An diese Meldung müssen wir uns wohl gewöhnen, jedes Jahr wieder um Silvester, jeweils mit aktueller Jahreszahl.
Im Zusammenhang mit der Kennzeichnung Bonner Fahrradstraßen fällt das Wort „Planungsmeinungen“. Interessant.
Nachmittags schrieb ich den persönlichen Jahresrück- und -ausblick ins Tagebuch, wie jedes Jahr. Damit will ich Sie gar nicht weiter behelligen, vielleicht nur der letzte Satz: Trotz aller weltpolitischen und klimatischen Unwägbarkeiten blicke ich für mich und uns persönlich mit Zuversicht dem neuen Jahr entgegen. – Mag sein, dass das naiv ist. Aber das von vielen nicht nur in den Blogs zu recht beklagte 2024 war für uns persönlich auch nicht schlecht.
Den Silvesterabend verbrachten wir in einem Restaurant an der Adenauerallee, wo ein viergängiges Menü serviert wurde. Essen, Weinbegleitung und Service waren ausgezeichnet. Leider setzte bei mir beim dritten Gang die Sättigung ein, vielleicht komme ich wirklich langsam ins Seniorentelleralter. Dank Unterstützung meiner Lieben kam nichts um.
Das Essen war so zeitig beendet, dass wir gemütlich am Rhein entlang nach Hause spazieren konnten, wo wir vor Mitternacht ankamen. Während der Gehens sahen wir auf beiden Rheinseiten schon zahlreiche vorzeitige Raketen ihre bunten Lichter streuen, hoffentlich ohne Notrufauslösung. Je mehr wir uns der Innenstadt näherten, desto mehr Menschen, vor allem mit Raketen und Böllern hochgerüstete junge Männer versammelten sich am Ufer. Ich vermute eine Schnittmenge mit jenen Testosteronträgern, die im übrigen Jahr in sogenannten Sportwagen mit knallfurzenden Auspuffen durch die Innenstadt brausen. Nur eine Vermutung.
Ich bin übrigens froh, in Bonn zu wohnen und nicht in Hamburg oder Berlin. Der Liebste und ich waren vor Jahren mal zu Silvester in Hamburg. Schon auf dem Weg zur Party am frühen Abend wurden uns in der Menschenmenge alle paar Meter Knaller vor die Füße geworfen; nicht diese kleinen roten Pengmacher, sondern richtig fiese, dicke, laute Dinger. Da beschloss ich, Silvester nie wieder in einer so großen Stadt zu verbringen.
Diesen Jahreswechsel erlebten wir hingegen in altersgerechter Entspanntheit: Mit einem Glas Cremant in der Hand schauten wir vor dem Haus zu, wie andere wieder viel Geld in die Luft jagten.

Mittwoch: Frohes neues Jahr, mit lange schlafen, knappem Frühstück und einem Spaziergang mit dem Liebsten.

Donnerstag: Vergangene Nacht schlief ich schlecht, schätzungsweise bis vier Uhr wälzte ich mich wach, obwohl draußen Regentropfen auf die Fensterbank trommelten, was normalerweise schlaffördernd wirkt. Doch wurde das Trommeln untermalt, zeitweise übertönt durch Schnarchen in Stereo Dolby Surround von nebenan.
Erstmals in diesem Jahr ging ich, durch immer noch leichten Regen, zu Fuß ins Werk. Das übliche Foto mit Rhein, Promenade, Siebengebirge und Mutterhaus im Hintergrund denken Sie sich heute bitte, da ich durch den Regenschirm gehindert war, es zu schießen. Es war ohnehin noch dunkel.
„Frohes Neues“ aus allen Mündern. Der Arbeitstag fühlte sich montäglich an, Laune und Arbeitseifer entsprachen ungefähr der Trübnis vor dem Bürofenster. Vielleicht eine Folge des Schlafmangels. Dazu wenig passend eine längere Teams-Besprechung am Vormittag mit einem Lieferanten für ein geplantes Vorhaben, die mehr Aufmerksamkeit meinerseits erforderte als verfügbar. Irgendwie kamen wir dennoch ganz gut durch und vorzeitig zum Ende. Ansonsten weiterhin in den Büros nebenan wenig Betrieb, dafür war mittags die Kantine erstaunlich gut besucht. Meine Hoffnung auf ungestörtes Alleinessen mangels der üblichen Mitesser erfüllte sich nicht, als sich ein gesprächsbereiter Kollege zu mir setzte. Die Unterhaltung war dann aber recht angenehm, insbesondere die Erkenntnis: Mit dem möchte ich auch nicht tauschen. Anschließend ging ich dem neuen Vorsatz entsprechend elf Etagen durch das Treppenhaus hoch ins Büro, ab da weiter mit dem Aufzug. Nicht gleich zu Beginn übertreiben.
„Herzlichen Glühstrumpf“ sagte ein Kollege in anderem Zusammenhang, was meinen Sprachnerv leicht zucken ließ.
Entgegen meiner Abneigung sah ich mich abends genötigt, mit dem Auto zur Musikerprobe nach Bad Godesberg zu fahren. Wegen Regens erschien mir die übliche Radfahrt unangenehm, der Stadtbahnnutzung stand der derzeitige Schienenersatzverkehr entgegen. Ich habe nie behauptet, ein konsequenter Mensch zu sein, der gegen die Verlockungen der Bequemlichkeit immun ist.
Freitag: Morgens nach Ankunft im Büro zeigte sich vorübergehend ein Anflug von Morgenröte und Sonnenaufgang über dem Siebengebirge, ehe dichte Wolken den Himmel verdunkelten; bald darauf war der Turm von Schnee umtost. Zumindest diesbezüglich ist meine Arbeitsstelle aussichtsreich.
Ob es am perfekten Al Dente der Spaghetti lag, die es mittags in der Kantine gab, weiß ich nicht, jedenfalls löste sich beim Essen erneut die Zahnkrone oben rechts hinten, zum zweiten Mal innerhalb von zwölf Monaten. Das hielt mich nicht davon ab, auch heute nach der Mittagspause über elf Etagen die Treppe zu nehmen, notfalls ginge das ganz ohne Zähne. Glücklicherweise erreichte ich nach Rückkehr ins Büro noch die Zahnarztpraxis meines Vertrauens, was am Freitagmittag nicht selbstverständlich ist; bereits für Montagmorgen wurde mir ein Reparaturtermin eingeräumt. Vielleicht kommt der Zahn doch bald raus, schon lange empfiehlt mir das der Zahnarzt, weil er locker sitzt und Probleme bereiten könnte. Dieser Konjunktiv hielt mich bislang davon ab, da mir der Zahn bislang keinen Kummer machte. Bis auf den gelegentlichen Kronenabwurf halt. Mal hören, was der Dentist Montag sagt.

Samstag: Der Wecker melde sich zu wochenendlicher Unzeit bereits um acht Uhr, da eine Vereinspflicht zu erfüllen war. Diese bestand aus der gemeinsamen Probe mit dem befreundeten Musikverein aus und in Morsbach-Holpe, einem idyllischen Ort im Bergischen Land, der unser Musikcorps demnächst bei der Prunksitzung der Karnevalsgesellschaft unterstützen wird. Meine anfänglich trübe Stimmung infolge des verhinderten Ausschlafens hellte sich augenblicklich auf, als das erste Stück gemeinsam gespielt wurde. Welch ein Unterschied gegenüber dem Gewohnten, mit so vielen Leuten und unterschiedlichen Instrumenten zu musizieren! Die Begeisterung versetzte mich in länger anhaltendes Grinsen, was beim Trommeln glücklicherweise nicht hinderlich ist; das frühe Aufstehen hatte sich gelohnt.

Sonntag: Die amtlich angekündigte Eisglätte fand in Bonn zum Glück nicht statt, nur Regen ließ ein längeres Verweilen im Bett verlockend erscheinen. Doch auch dieser Tag begann früh, erneut aus karnevalistischen Gründen. In einer Godesberger Kirche wurde die jährliche Mundart-Messe gehalten, an der unsere Karnevalsgesellschaft beteiligt ist mit Musik und Lesungen in rheinischer Sproch. Wie für andere der Heiligabend, ist dies (nicht nur) für mich regelmäßig der einzige Grund im Jahr, mich länger in einer (kalten) Kirche aufzuhalten. Wie immer war es sehr kurzweilig, weil der diensthabende Pastor seine Sache sehr gut macht, gelegentlich wird auch gelacht und applaudiert, was in Gottesdiensten ja sonst eher selten vorkommt. Warum eigentlich? Wenn es den gütigen Gott gibt, hat er bestimmt nichts dagegen.
Vielleicht hat er auch nichts gegen Silvesterfeuerwerk: Fast so heftig wie das zurückliegende sind nun die allgegenwärtigen Forderungen nach einem Verbot, nachdem es – wie jedes Jahr – zu Verletzungen und Todesfällen durch unzulässiges Pyromaterial und mangelnde Vorsicht kam. (Das in diesem Zusammenhang häufig benutzte Wort „tragisch“ ist nur angebracht, soweit Unbeteiligte betroffen sind. Ansonsten ist es schlicht Dummheit.) Seit vielen Jahren geben meine Lieben und ich für derlei Zeug kein Geld mehr aus, auch könnte ich auf Licht- und Knallbegleitung des Jahreswechsels verzichten; das neue Jahr beginnt trotzdem, die bösen Geister bleiben. Gleichwohl stört es mich im angemessenen Rahmen nicht, solange andere nicht bewusst damit belästigt werden, siehe die Anmerkungen vom Dienstag. Auch liegt es mir fern, alle, die Spaß daran haben, pauschal als Vollidioten zu betrachten. Deshalb erscheint mir ein generelles Verbot nicht sinnvoll, zumal die Mehrheit der Pyrofreunde vermutlich besonnen und – soweit man das hier so nennen kann – vernünftig handelt. Vielmehr würden es bestimmte Parteien als weitere Bestätigung ihrer zweifelhaften Thesen missbrauchen.

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Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Jahr 2025 mit viel Gesund- und Zufriedenheit sowie wenigstens etwas Optimismus. Es nützt ja nichts, nur noch die bösen Geister zu sehen. Und eine gute Woche; wenn Sie jetzt wieder zu arbeiten beginnen, lassen Sie es möglichst ruhig angehen. Hektisch wird es wieder früh genug.
