Woche 12: Frühlingsanfang und Glücksmomente

Montag: Wie empirische Untersuchungen belegen, sind fünf von fünf Zeitungen nicht imstande, in einem Artikel über die italienische Sängerin Gianna Nannini auf das Attribut „Rockröhre“ zu verzichten.

Dienstag: Heute ist Frühlingsanfang. Jedoch statt blauen Bandes, das durch die Lüfte flattert, nur weiße Dampfwölkchen vor den Gesichtern der in der Kälte auf die Bahn Wartenden. Apropos blau: „Hört Facebook mit?“, fragt Die Welt Kompakt. Das ist jetzt keine ernstgemeinte Frage, oder?

Mittwoch: Auf Vorschlag der Gewerkschaft Verdi machte ich am Morgen einen Spaziergang ins Büro. Neben Bewegung an der frischen Luft gibt so ein Spaziergang stets auch Gelegenheit zum Nachdenken. Zum Beispiel darüber, was Menschen, die „Lübien“ sagen, wenn sie Libyen meinen, wohl sonst noch so sagen: Sülberlöffel? Kürschkonfitüre? Lündenblüten?

Donnerstag: Der Leiter des Ernst-Abbe-Gymnasiums in Berlin-Neukölln heißt übrigens Tilmann Kötterheinrich-Wedekind.

Freitag: Schlagersänger Heino löste Empörung aus, nachdem er Nordrhein-Westfalens Heimatministerin ein Doppelalbum mit Volksliedgut übergeben hatte, dem eine schwarz-bräunliche Färbung anhaften soll. Abgesehen davon, dass ich immer noch nicht weiß, was genau das Aufgabengebiet eines Heimatministeriums ist: Erkennt denn wirklich niemand die Satire, die hinter dieser Gabe steckt?

Samstag: Vergangene Nacht träumte ich, der Geliebte hätte meine Modelleisenbahn mit einer dicken Schicht Mett überzogen. Fall sich Traumdeuter unter den Lesern befinden, wäre ich für Deutungshinweise sehr dankbar. – Der Bonner General-Anzeiger berichtet über Nutrias in den Rheinauenteichen, welche ob ihrer Possierlichkeit inzwischen zu einer Attraktion geworden sind. Häufig werden sie irrtümlich mit Bisamratten verwechselt. Übrigens kann man aus ihnen auch eine warme Mahlzeit zubereiten, zum Beispiel mit Pilzen, Knödeln und Rotkohl: https://www.kochbar.de/rezept/405138/Nutria-in-Pilzsosse.html Ob sich aus ihnen auch Mett anfertigen lässt, entzieht sich meiner Kenntnis.

Wo wir gerade bei Nagetieren sind: In derselben Zeitung bringt Wolfgang Pichler unter dem Titel „Der Zug der Lemminge“ seine von mir uneingeschränkt geteilte Skepsis gegenüber der viel gepriesenen Digitalisierung zum Ausdruck. Zitat: „Es läuft etwas schief, wenn ein Haushaltsgerät mich herumkommandiert, zulabert, ausspioniert, anschwärzt, seinem Arbeitgeber verkauft. Sein Arbeitgeber: Das sollte ich sein, nicht die Firma Facemazoogle.“

Sonntag: Am Morgen erreichte mich die Nachricht vom Tod eines alten Eisenbahnfreundes. Mit ihm verbrachte ich einst wunderbare Sonntage auf dem Führerstand einer Dampflok, während derer wir uns gegenseitig Gedichte von Eugen Roth und Heinz Erhard um die Ohren hauten. Das waren echte Glücksmomente. Machs gut, lieber Schorsch! Bitte bestelle Anne, Harry und all den anderen Dampfkleinbahnern, die inzwischen bei euch dort drüben sind, liebe Grüße von mir!

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Ein Gedanke zu “Woche 12: Frühlingsanfang und Glücksmomente

  1. Michi März 26, 2018 / 07:29

    …unter Mittwoch fehlt bei der Aufzählung auf jeeeeden Fall der Tüsch und die Kürche, gerne auch mit einem ö statt dem ü genommen 🙂 Guten Wochenstart lieber Carsten und Danke für das Wochenanfängliche Lächeln, welches Du mir mit Deiner Lektüre geschenkt hast …

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