Das Ende ist nahe

Die Welt im Januar 2015. Menschen stehen Schlange, um eine Zeitschrift zu erwerben, deren Sprache sie nicht verstehen, weil sie in der Schule damals lieber Latein statt Französisch gewählt oder das Gelernte längst vergessen haben. Andere fühlen sich durch diese Zeitschrift, die auch sie nicht verstehen, verhöhnt und zünden deswegen Kirchen und Kneipen an. Die übrigen schauen auf RTL einer Gruppe Bekloppter bei zweifelhaften Spielchen im australischen Dschungel zu.

Als Gott der HERR dies sah, erkannte er, dass die Sache mit der Arche damals wohl seine größte Fehlentscheidung gewesen war. Eine Lösung musste her. Doch welche? Überschwemmungen zeigten nur noch örtlich begrenzte Wirkungen; Pest, AIDS und Ebola scheiterten am medizinischen Fortschritt der Menschheit. Vielleicht ein Atomkrieg? Doch würde dieser Gottes Schöpfung vollständig verheeren, einschließlich allen Gewächses und Gewürmes, welches da sprießt und kreucht, ein jedes nach seiner Art.

Da fiel dem HERRN das Internet ein, damit müsste sich was machen lassen. Und also bestellte er zwölf IT-Experten ein und sprach: „Sehet, die Menschheit ist wahnsinnig geworden. So gehet hin, sie zu zerstören. Und diesmal keine Überlebenden bitte, das tue ich mir nicht noch einmal an!“ So schlossen sich die zwölf Experten in ihre Cloud ein und machten sich nach dem Kick Off Meeting an die Arbeit. Sie erstellten die erforderlichen Dokumente, welche da hießen: Business Case, IT-Budgetantrag, Anforderungsdokumentation, System Requirement Statement, Phase Gate 1 bis 34 nach dem zertifizierten KOMPLEX-Vorgehen, Sicherheitskonzept und Datenschutzanalyse. Ferner mussten noch ein Entwicklungs- und ein Wartungsdienstleister ausgewählt sowie ein kostenpflichtiger User Support Helpdesk* eingerichtet werden.

Bald aber waren die Experten so sehr mit sich selbst beschäftigt und im Kompetenzgerangel zerstritten, dass das Projekt schließlich aus Budgetgründen eingestellt wurde. Als Gott sah, dass er dem menschlichen Wahnsinn nichts mehr entgegenzusetzen hatte, weinte er bitterlich sieben Tage und sieben Nächte lang. Dann schaltete er den Fernseher ein, kuckte IBES, und er sah: Das Ende war nahe. Da lächelte der HERR.

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* 54 Cent je Minute aus dem Festnetz der Deutschen Telekom, aus Mobilfunknetzen können höhere Entgelte anfallen.

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