Ein Satz mit Nyx – oder: Rosenkrieg!

rosen

Wer bei ‚Rosenkrieg‘ an die Scheidungsschlacht mit Michael Douglas und Kathleen Turner denkt, kennt nur die halbe Wahrheit. Rosenkrieg heißt auch ein – ach was: DER – regelmäßige Poetry Slam in Bonn, jeden vierten Sonntag im Nyx in der Altstadt. Am vergangenen Sonntagabend war es wieder so weit – elf Dichter traten vor vollem Haus zum Wettstreit an. Für diejenigen, die wider Erwarten dieses Blog nicht regelmäßig lesen und den Rosenkrieg noch nicht kennen, vorab einige Informationen:

Wer mitmachen möchte, muss sich anmelden, das geht notfalls auch noch am Abend an der Kasse. Jeder Teilnehmer hat fünf Minuten Zeit für seinen Vortrag, danach geht langsam das Licht aus; wenn er/sie dann immer noch nicht fertig ist, helfen ihm/ihr die Moderatoren charmant von der Bühne. Thematisch gibt es keinerlei Vorgaben, daher ist das Programm bunt, reicht vom ernsten, nachdenklichen Gedicht über witzige Alltagsgeschichten bis hin zum Brüller, im wahrsten Sinne des Wortes.

Gelesen wird in drei Runden: erst alle, danach stimmt das Publikum ab durch Heben einer an der Kasse ausgehändigten – na was wohl? richtig: Rose. Runde zwei bestreiten die vier Teilnehmer mit den meisten Rosen aus Runde eins, dann erfolgt die nächste Abstimmung. In der Endrunde treten schließlich die zwei Gewinner aus Runde zwei gegeneinander an, Sieger wird, wer am Ende mit den meisten Rosen beworfen wird. Hierfür gibts 50 Euro Preisgeld, 25 Euro sofort, den Rest beim nächsten Auftritt.

Gesungen werden darf nicht, es sei denn – und dazu muss man sich nicht mal anmelden – man vergisst, sein Mobiltelefon aus oder stumm zu schalten und wird dummerweise angerufen. Dann hat man sich unverzüglich auf der Bühne einzufinden und ein Lied aus der Mundorgel vorzutragen nach Auswahl der Moderatoren.

Moderiert wird der Abend von den Herren Florian Müller und Florian Graf H. H. von Hinten, allein schon deswegen lohnt es sich, hinzugehen. Am vergangenen Sonntag führte der Graf alleine durchs Programm, weil der andere Florian leider privat verhindert war, aber das tat dem Genuss keinen Abbruch. Es traten auf:

Benedikt aus Bonn mit dem medienkritischen Text „Gebt den Affen Zucker“,
Simpanse aus Köln mit „Hans im Glück“ und leicht masochistischen Einlagen,
Christoph Ehrlich aus Bonn mit einem Gedicht ohne Titel, welches nach seinem Bekunden eine gewisse Denkarbeit erforderte, was ich bestätigen kann, denn diese überforderte mich etwas,
Casjen Ohnesorge aus Hamburg, bereits ein bekannter Rosenkrieger, mit dem Gedicht „Ich stehe für Gemütlichkeit“. Zitat: „Spazieren gehen kann ich auch zu Hause.“
Robert Otten aus der Eifel herber Weiten, ebenfalls ein alter Hase der Blumenbühne, mit einer Abhandlung über Fernsehen und Koffer; Zitat: „Ein Korallenriff ist die Lavalampe für Fortgeschrittene.“
No Limit aus Köln mit einem kurzen Dialog über Künstler und Geldverdienen und dann dem Text „Grenzenlos“,
Hans Helbrich aus Bonn dichtete über den Helden Horst,
Marc_mit_c aus Kassel berichtete über seine Last mit Reimen, die ihm unkontrolliert zufliegen,
Anne Linscheid aus Bonn erzählte mit „Ändern leben“ über ihre ‚Pre Midlife Crisis‘, Zitat: „Sendeschluss war doch ganz sinnvoll.“
Jonas Konrad aus Simmern stellte die Gretchenfrage und glitt dabei in erfrischender Weise ins pornöse ab,
Nils Frenzel aus Bayreuth (die Rechtschreibkorrektur macht aus ‚Frenzel‘ bezeichnenderweise ‚Fernziel‘), bereits mehrfacher Sieger des Rosenkriegs, berichtete von seinen persönlichen Wagnerfestspielen in Form einer Tiefkühlpizza und von seinem Date mit einer gewissen Geli (dass die Rechtschreibkorrektur daraus gerade ‚Geil‘ macht, ist kein Zufall).

In Runde zwei kamen Robert Otten mit einer wunderbaren Abhandlung über den Welthit „Manamana“, Marc_mit_c mit „Tapetenwechsel“, Jonas Konrad über einen eintägigen Rollentausch mit seinem Opa und Nils Frenzel mit seiner Ode an die Discokugel.

Die Endrunde bestritten schließlich Robert Otten mit „Keine Ahnung“, dem Protokoll eines mitgehörten eher unterschichtigen Mobilgesprächs, und Jonas Konrad über eine Kreissäge und einen appen Finger; letzterem (also Jonas, nicht dem Finger) flogen schließlich die meisten Rosen zu, durchaus verdient.

Aufgrund der zahlreichen Teilnehmer an diesem Abend wurde es recht spät, erst gegen 23 Uhr war Schluss, aber das war es wert, jede Minute!

(Ich selbst stand auch schon mit – optimistisch ausgedrückt – mäßigem Erfolg auf der Rosenkrieg-Bühne. Manchmal dauert es eben länger, bis sich die Erkenntnis durchsetzt, dass man manche Dinge lieber Leuten überlässt, die es können; meinen entzündeten Blindarm würde ich mir schließlich auch nicht selbst rauspulen. Und doch: es reizt mich, es wieder zu tun, irgendwann, allein schon wegen des freien Eintritts und der vergünstigten Bierpreise.)

Weitere Informationen zum Rosenkrieg hier: http://www.myslam.net/de/poetry-slam/14

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