In der letzten Zeit mehren sich Pressemeldungen über Diebstähle von Glocken. So vermeldete die BILD den Verlust dreier Glocken aus einem Fabrikturm in Aue, die Freie Presse berichtete über den Raub einer Friedhofsglocke in Unterheinsdorf, eine weitere Friedhofsglocke kam der Evangelischen Kirchengemeinde Aachen abhanden. Als Täter werden in allen Fällen Metalldiebe vermutet, die die bronzenen Klangkörper zu versilbern suchen.
Das ist zu verurteilen. Eine Glocke stellt nicht selten ein einzigartiges Kunstwerk dar, ihre Inschriften und Gravuren stehen in unmittelbarem Bezug zum Einsatzort, auch verkörpert sie Kultur, Erinnerung und Tradition, schon Schiller besang sie in seinem berühmten Gedicht. Somit erscheint es frevelhaft, sie nur des Geldes wegen zum Schrott zu bringen, auf dass aus ihrer Bronze Statuen, Gefäße, Medaillen oder gar neue Glocken gegossen werden.
Doch haben Glocken auch einen gravierenden Nachteil: sie erzeugen Geräusch, vor allem am Sonntagmorgen, wenn der anständige Bürger von der werktäglichen Mühen Last endlich mal ausschlafen könnte. Immer weniger Menschen sind bereit, diese kirchlich verordnete Lärmbelästigung widerspruchslos hinzunehmen. Aus dieser Not heraus gründete sich bereits im September 2010 im westfälischen Münster das ,Bündnis gegen Morgenlärm (BIMM), eine Gruppierung, die sich zum Ziel gesetzt hat, öffentliches Glockengeläut in der Zeit zwischen 23 und 10 Uhr gesetzlich verbieten zu lassen. Nachdem mehrere BIMM-Initiativen nicht zuletzt am Widerstand der beiden großen Kirchen gescheitert waren, radikalisierte sich die Gruppe und arbeitet seitdem im Verborgenen, hängt also ihre Aktivitäten nicht an die große Glocke.
So brach der Klöppel der berühmten Petersglocke im Kölner Dom am Dreikönigstag 2011 nicht etwa wegen Materialermüdung, sondern es handelte sich um eine gezielte Protestaktion der BIMM, die jedoch in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde. Erst in jüngster Zeit werden die Aktivitäten wieder vermehrt registriert durch den Schwund diverser Friedhofs- und Turmglocken. Hervorzuheben ist, dass BIMM keinerlei kommerzielle Interessen verfolgt, daher verbietet es ihr Kodex auch, die sichergestellten Glocken dem Schrott zuzuführen. Stattdessen werden sie an verborgenen Orten aufbewahrt, jeweils Glockenkörper und Klöppel getrennt, sicher ist sicher. In ihren Bekennerschreiben weisen die BIMM-Aktivisten darauf hin, dass sie mit dem Bell-Napping so lange fortfahren werden, bis ihre Forderungen nach einem geläutfreien Sonntagmorgen erfüllt sind.
Liebe BIMM-Leute, ich lege Wert auf die Klarstellung, dass ich widerrechtliche Glockenentführungen keineswegs gutheiße – dennoch kann ich eine gewisse Sympathie für euer Tun nicht leugnen. Übrigens, solltet ihr mal nach Bonn kommen: auch hier gibt es viele Kirchen in Hörweite.