Woche 20/2025: Wackelpudding in ungewöhnlicher Darreichungsform und zunehmendes Ergrauen

Montag: Der erste Arbeitstag nach dem Urlaub war, wie erste Arbeitstage nach dem Urlaub nunmal sind: mühsam, auch wenn der Maileingang keine nennenswerten Imponderabilien bereithielt. Bis auf eine kurze regelmäßige Besprechung morgens wurde ich weitgehend in Ruhe gelassen; wieder hat es sich bewährt, den Tag komplett im Kalender zu blocken.

Etwas Abwechslung vom Mailmühsal brachte der Zeppelin, der vormittags mehrere Runden über der Stadt drehte, wobei ich ihn vom Schreibtisch aus gut beobachten konnte, einschließlich der Starts und Landungen auf dem Flugplatz in Hangelar. Ich glaube ich schrieb es schon: Da würde ich gerne mal mitfliegen.

Nach dem Mittagessen ging ich nach längerer Zeit mal wieder eine Runde durch den Park statt durch das Treppenhaus zurück ins Büro. Das dann wieder ab morgen wieder.

Dienstag: Zu Fuß ins Werk und zurück bei Sonnenschein und blauem Himmel, also Wetter, das früher als schön bezeichnet wurde, mittlerweile aus bekannten Gründen etwas in Verruf geraten ist. Auf dem Rhein war morgens auffallend wenig Schiffsverkehr zu sehen, einzig ein Löschboot der Feuerwehr fuhr ohne erkennbare Eile südwärts, während das zugehörige Beiboot mit aufbrausendem Motor immer wieder etwa hundert Meter voraus sauste, eine Kurve über den Fluss zog und auf das Löschboot wartete. Wenn dieses eintraf, umkreiste das Kleine das Große und brauste wieder vor, und so weiter. Wie ein verspielter Hund und seine Halteperson, das war recht drollig anzusehen.

Der Arbeitstag war lebhaft: Die Büros voller Menschen und der Kalender voller Kolls. Immerhin war ein Termin, für den eineinhalb Stunden angesetzt waren, nach vier Minuten beendet. Mehrfach wurde ich über den Urlaub befragt und ich berichtete gerne, schließlich und zum Glück lesen nicht alle hier mit.

Der Treppensteig nach dem Mittagessen bereitete trotz zweiwöchiger Pause keine Probleme.

Sprachwitz des Tages in einer Präsentation: „monatlich statt biweekly“

Auf dem Rückweg suchte ich das Modellbahngeschäft meines Vertrauens auf, wo eine Bestellung eingetroffen war, über die ich mich besonders freue, weil ich nicht mehr damit gerechnet hatte, dieses grundsätzlich schon lange nicht mehr lieferbare Modell noch zu erstehen.

Die erste Probefahrt verlief sehr zufriedenstellend

Mittwoch: Nachdem ich es seit Rückkehr aus Frankreich schlicht vergessen hatte, wog ich mich morgens, um zu schauen, welche Folgen zwei Wochen Urlaub hatten mit wenig Bewegung, dafür viel Essen und Wein. Zu meiner Überraschung zeigte die Waage etwa ein Kilo weniger an als vor dem Urlaub, wer hätte das gedacht.

Arbeitstag mit einem mir bislang unbekannten Bürogenossen aus der Nachbarabteilung. Netter Kerl, nur unruhig: Er telefonierte laut und ging dabei im Raum auf und ab. Da bei mir währenddessen keine Tuduhs mit besonders hohem Konzentrationsbedarf anstanden, ich nicht gleichzeitig telefonierte und überhaupt ein (zu) freundlicher Mensch bin, sah ich von vorwurfsvollen Blicken und Bitten ab und begnüge mich damit, es hier zu notieren.

Donnerstag: „Leider bin ich derzeit im Urlaub“ steht in der Abwesenheitsmeldung eines Kollegen. Mein Mitleid ist ihm sicher.

In der Kantine gab es zum Dessert roten Wackelpudding in ungewöhnlicher Darreichungsform: in Würfel geschnitten auf Vanillesoße. Da ich es grundsätzlich ablehne, mein Essen zu fotografieren, denken Sie sich bei Bedarf gerne ein entsprechendes Bild.

Weg ins Werk, bewölkt

Freitag: Die Arbeitswoche verging erfreulich rasch. Die wichtigsten Urlaubsrückstände konnten aufgearbeitet werden, um den Rest kümmere ich mich kommende Woche, die wieder eine kleine wird mit freiem Donnerstag. Überhaupt sind die nächsten drei Wochen wegen Feiertag klein, wie ein Blick in den Kalender zeigt. Das wird Herrn Merz nicht freuen, der fordert, wir müssten alle mehr arbeiten. Warum sollte ich das tun? Damit Vorstandsmitglieder noch mehr Millionen beziehen? Sehe ich gar nicht ein.

Apropos Merz: Wenn die Zeit der aktuellen Regierung abgelaufen sein wird, sei es durch Abwahl in vier Jahren oder durch vorzeitiges Scheitern, was ihr nicht zu wünschen ist, dann kenne ich schon jetzt die zugehörige Schlagzeile in der Bildzeitung: „AUSGEMERZT!“

Apropos Regierung: Es wird noch einige Zeit dauern, bis ich mich an die Wortkombination aus „Innenminister“ und „Dobrindt“ gewöhnt haben werde.

Der neuen Regierung widmet sich auch Kurt Kister in seiner Wochenkolumne Deutscher Alltag, wo auch dieses zu lesen ist:

Gerade wegen der allgegenwärtigen Computerei ist „Neustart“ längst Teil der Alltagssprache geworden, so wie „mega“ als Umschreibung für „in Ordnung“ oder „genau“ in seiner Bedeutung als zustimmendes Füllgeräusch („äähem, genau“).

Genau.

Samstag: Ich habe eine Idee. Seit geraumer Zeit erfreuen sich in Bloggerkreisen tausend Fragen, die man sich selber stellen und möglichst beantworten soll, größerer Beliebtheit, zu finden unter anderem hier. Keine Angst, ich werde sie nun nicht mit der Beantwortung aller tausend Fragen langweilen – also die Idee ist, mehr oder weniger regelmäßig und zufällig, vielleicht einmal wöchentlich, mal sehen, ob ich das durchhalte, eine dieser Fragen zu beantworten. An manchen Tagen passiert ja nicht so viel, das man hier berichten könnte, das wäre ein Anlass dafür. Als Zufallsgenerator dient dabei die Umgebung, die eine Zahl zwischen 1 und 1000 liefert, so wie heute anlässlich des Spaziergangs am gegenüberliegenden Rheinufer:

Zahl des Tages: 656

Frage 656 also. Die lautet: „Könnten sich Menschen ändern?“ Da die Frage im Konjunktiv gestellt ist, lautet die Antwort schlicht: Ja, könnten sie. Tun sie indikativ aber nicht, oder höchstens äußerst ungern. Siehe unser Umgang mit dem Klimawandel, wie unter anderem hier dargelegt.

Oder hier

Oder mit Alkohol. Die Zeitung berichtet über die aufkommende Diskussion vor allem unter jungen Leuten, ob es noch zeitgemäß ist, Wein zu trinken. Als ethanophiler Mensch habe ich dazu eine Meinung, erkenne jedoch an, dass man auch anderer Meinung sein kann, das ist das schöne an der Meinungsfreiheit. Goethe hatte auch eine: „Für Sorgen sorgt das liebe Leben / Und Sorgenbrecher sind die Reben“

Symbolbild

Wegen eines Vereinsvergnügens am Abend konnten wir uns nicht den ESC im Fernsehen anschauen. Vermutlich haben wir nicht viel verpasst.

Sonntag: Der Schauspieler George Clooney sah sich kürzlich der öffentlichen Kritik vor allem in den asozialen Hetzwerken ausgesetzt, nachdem er sich für eine Rolle seinen grauen Haare braun gefärbt hatte. Nach längerem Zögern, ob ich es schreiben soll, gestehe ich: Ich habe es auch getan. Vor zwei Wochen, im Urlaub, auf mehrfaches Drängen meiner Lieben, die der Meinung waren, ich müsste was an meinem Äußeren, insbesondere gegen das zunehmende Ergrauen meines Haupthaars tun, ich wurde gleichsam dazu genötigt. Als Zeitpunkt wählte ich bewusst den Beginn eines zweiwöchigen Urlaubs, man weiß ja nie, was dabei rauskommt, vielleicht fällt die Färbung lila oder grün statt braun aus, oder die Haare fallen gleich ganz aus. Es ist dann aber gut gegangen. Während der zurückliegenden Arbeitswoche hat es scheinbar niemand bemerkt, jedenfalls hat keiner was dazu gesagt, vielleicht lästern die lieben Kollegenden jetzt auch über mich. Dürfen sie, zu recht: Mit Ende fünfzig darf, ja sollte man graue Haare haben, wenigstens einige. Ich betrachte die Färbung daher als vorläufig einmaliges Experiment, das keiner baldigen Wiederholung bedarf. Inzwischen zeigen sich an den Schläfen wieder die ersten Silberfäden. Zum Glück.

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, kommen Sie gut durch die Woche. Möglichst sorgenfrei, mit oder ohne Wein.