Montag: Manche Wörter lösen in mir eine gewisse Aggression aus, ohne dass ich genau weiß, warum. Ein solches ist „Mindset“. Vielleicht ein Fehler in meiner Denkweise.
Vielleicht auch ein Fehler der Denkweise ist die Annahme, der Montag sei stets von dumpfer Trübnis überschattet, selbst wenn wie heute die Sonne scheint. Denn heute ging es, Unlust und Müdigkeit hielten sich in Grenzen. Mittags in der Kantine setzte ich mich sogar freiwillig an den Tisch mit mehreren Kollegen und lauschte Gesprächen über ihre Kinder, was ich sonst eher meide. Vielleicht war es die Aussicht auf eine kurze Osterwoche, die meine Stimmung erhellte.
Dienstag: Während der Kindheit in den Sieb- und Achtzigern gehörte es zum täglich gewohnten Klangbild, wenn Militärflugzeuge über die Stadt hinwegdonnerten. (Ein beliebtes Eis am Stiel hieß „Düsenjäger“, ich weiß nicht, ob es das noch gibt; falls ja, heißt es bestimmt nicht mehr so.) Danach wurde es diesbezüglich ruhiger, wohl nur wenige werden es vermisst haben. Ich schreibe bewusst nicht „niemand“, gibt es doch für alles noch so Abwegige Liebhaber, etwa knallende Motorräder oder Gorgonzola-Käse. Da fiel es heute Morgen schon auf, als während des Fußweges ins Werk mal wieder so ein Düsenjäger (also nicht das Eis) über mich hinwegbrauste. Hoffen wir, dass wir uns künftig nicht wieder daran gewöhnen müssen.
Woran ich mich auch nicht gewöhnen werde und möchte sind geschäftliche Anliegen über Teams-Chat, ich schrieb es schon. Deshalb aus gegebenem Anlass nochmals dieser Hinweis an die lieben Kolleginnen und Kollegen: Fragen, die mich als Chatnachricht erreichen, werden nur beantwortet, wenn es kurzfristig möglich ist und ich gerade Zeit (und Lust) dazu habe. Wenn nicht, werden sie zuverlässig vergessen. Wie Sie sicher wissen, bedeutet Chat (engl.) Unterhaltung, Geplauder, Geplapper. Schriftliche Anliegen, die nicht einfach mit ja oder nein zu beantworten sind, daher bitte grundsätzlich per Mail. Dann kann ich bei Bedarf Nachrichten weiterleiten, in Ordner ablegen und per Mausklick daraus eine Aufgabe anlegen. Zudem bin ich bestrebt, den Maileingang täglich leer zu arbeiten, so dass nur selten etwas vergessen wird. Danke.

Mittwoch: Der angekündigte Regen fiel freundlicherweise zu Zeiten, da ich nicht auf dem Fahrrad saß, die vorsorglich eingepackte Regenjacke konnte in der Tasche bleiben.
Im Büro wieder viele Besprechungen, so dass nur wenig Zeit war für einen Chat mit dem Kollegen gegenüber. Dazu muss ich kurz ausholen: Als ich von nunmehr sechsundzwanzig Jahren von der ostwestfälischen Niederlassung zum Bonner Mutterhaus wechselte, saßen wir beide mehrere Jahre im selben Büro und es verging kaum ein Arbeitstag, an dem wir nicht mindestens einmal laut lachten, weil unsere Humore und unsere Mindsets eine größere Schnittmenge aufweisen. Daher empfand ich fast so etwas wie Trennungsschmerz, als wir aus organisatorischen Gründen auseinandergesetzt wurden.
Dass wir nun wieder, trotz unterschiedlicher Abteilungen, wenigstens tageweise im selben Büro tätig sind, liegt an der aktuellen Arbeitsorganisation, die ich vor längerer Zeit schon beschrieb: Wenn man möchte, kann man an bis zu drei Tagen die Woche im Heimbüro arbeiten, dafür verzichtet man auf einen festen Schreibtisch und bucht sich einen, wenn man ins Bürobüro zu kommen beabsichtigt. Dadurch habe ich, der eine tiefe Abneigung gegen Heimbüro hegt und deshalb (als einziger im Geschäftsbereich) jeden Tag gerne ins Büro geht und somit über einen festen Schreibtisch verfügt, fast täglich wechselnde Zimmergenossen (manchmal auch keinen), somit, da wir nun wieder demselben Bereich angehören, auch besagten Kollegen. Das ist schön. Und gelacht haben wir trotz Besprechungen auch heute wieder.
Nicht ganz neue Kantinenerkenntnis zur Mittagszeit: Gemeinsam essen zu mehr als vier Leuten finde ich anstrengend, ich habe da immer weniger Lust drauf. Vor allem wenn das Tischthema Autos, Kinder oder Fußball ist, eins davon kommt meistens. In seltenen Fällen trifft das schon zu, wenn nur ein Mitesser zugegen ist.
Donnerstag: Der Gründonnerstag war grau und kalt, immerhin kam ich trockenen Fußes ins Werk und zurück, wobei auf dem Rückweg der Wind unfreundlich ins Gesicht blies.
Bei Ankunft morgens waren nur wenige Fenster des Turmes erleuchtet, auch auf unserem Flur blieben die meisten Büros leer, ich hatte meins für mich allein. Osterurlaub ist auch schön, wenn andere ihn haben. Während der Aufzugfahrt trug mir einer das Du an, der vor einigen Jahren, als Siezen noch nicht als exotisch galt, mein Chefchef war. Was soll man da sagen, womöglich wird er es irgendwann wieder.
Mittagessen mit einer lieben Kollegin, die ich aus dem gestern dargelegten Grund auch nicht mehr täglich sehe. Das war mindestens so schön wie allein zu essen. Ich hatte Weißwürste mit Radieschensalat und Kartoffelpüree, in das die Brezn in zerbröselter Form eingebettet war. Das klingt seltsam, hat jedenfalls sehr gut geschmeckt.
Freitag: Karfreitag. Da Ostern für uns in diesem Jahr nicht mit Reisen oder Besuchspflichten verbunden ist, bedeutet das vier freie Tage in der privat base (den Begriff las ich die Tage im Vorstellungs-Steckbrief einer neuen Kollegin) zur freien Verfügung. Während meine Lieben anderweitig beschäftigt waren, unternahm ich nach dem Frühstück eine kleine Wanderung auf die andere Rheinseite über Beuel, den Finkenberg (eine bewaldete Erhebung im Ortsteil Küdinghoven) bis Ramersdorf, zurück am rechten Rheinufer. Seit der letzten Wanderung hat die Begrünung der Natur noch einmal erheblich zugelegt, was den Weg mit Glücksgefühl anreicherte. Auch der angekündigte Regen blieb aus. Gar nicht zufällig führte der Rückweg an einem Biergarten vorbei, wo der erste Maibock des Jahres im Anstich ist und es wäre mir unhöflich erschienen, das zu ignorieren. Am Beueler Rheinufer überquerte ich die Osterkirmes, die aus bekanntem, zu recht zunehmend umstrittenem Grund heute geschlossen war.


Bei Herr Buddenbohm las ich das Wort „Leapfrogging“ und bin nun gespannt, wann es mir zum ersten Mal in einer Besprechung begegnet.
Samstag: Die samstagsüblichen Ent- und Besorgungen verband ich wieder mit einem Spaziergang. Außerplanmäßig suchte ich außerdem aus gegebenem Anlass ein Blumengeschäft auf. Die Sonne schien, doch war es nicht so warm wie vor einer Woche, auch die Kurze-Hosen-Dichte war deutlich geringer. Immerhin war es warm genug, um diesen Eintrag auf dem Balkon sitzend vorzunehmen.


Abends waren wir im Zirkus Roncalli, der zurzeit in Bonn gastiert, für den uns die liebe Nachbarin Freikarten besorgt hatte. Es dürfte rund fünfzig Jahre her sein, als ich das letzte Mal in einem Zirkus war. Man hat ja auch so schon genug Zirkus im Werk und mit den Lieben, nicht wahr. Jedenfalls: Es war geradezu anrührend schön mit beeindruckender Akrobatik, Komik, einer Spur Erotik und ohne lebende Tiere. Gedanke während des Staunens: Diese Leute können so unendlich viel mehr als ich und bekommen dafür mutmaßlich viel weniger Geld.

Sonntag: Geträumt, ich bin Mitglied der dreiköpfigen Jury bei Let‘s Drink, der Wettsaufshow auf RTL. Mein Name ist Kotzi Kabuse.
Der Liebste hat Geburtstag, deshalb der Blumenkauf gestern. Zur Feier des Tages unternahmen wir eine Radtour durch rechtsrheinische Gefilde bis Porz-Zündorf. Das war beglückend, die Sonne schien nicht zu warm; Raps, Kastanien und Flieder blühen, über den Feldern zwitschernde Lerchen. In Zündorf machten wir Rast in einem Biergarten, dann fuhren wir in Ufernähe unter zunehmender Bewölkung zurück, mit der Mondorfer Fähre wechselten wir schließlich wieder die Rheinseite. Während der Hinfahrt mussten wir immer wieder anhalten, weil leuchtende Rapsfelder die Motivklingel des Datengeräts heftig ausschlagen ließen.




Zum guten Schluss: Erfreulich in dieser Woche waren u. a. Wanderlust, der Zirkusbesuch und das Geburtstagsessen am Sonntagabend.
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Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche.












