Montag: Der erste Arbeitstag der neuen Woche verlief weitgehend in einer angenehmen Müdigkeit; außer ausgezeichneten Maultaschen zum Mittagessen ist mir zum Zeitpunkt dieser Notiz nicht viel mehr erinnerlich. Am frühen Abend zog ein heftiger Regenschauer mit Gewitter und Windböen über Stadt, Land und Fluss, drei unserer Balkonkästen riss es in die Tiefe. Nach jetzigen Erkenntnissen kam dabei niemand zu Schaden. Erst Stunden später zogen wieder die Mauersegler ihre Runden ums Haus, als wäre nichts gewesen. Später nach Einsetzen der Dämmerung, als ich noch beim Abendglas auf dem Balkon saß, waren sie verschwunden und Fledermäuse übernahmen die Nachtschicht am Mückenbüffet, derweil aus einer nahen Wohnung ein Haushaltsgerät piepte. So wie in der Stadt ständig irgendwo einer rumbölkt, piept auch immer irgendwas.

Dienstag: Persönliche Pein in der Mittagspause: Da ich es versäumt hatte, das Kantinenguthaben auf dem Mitarbeiterausweis zu prüfen und nachzuladen, reichte es nicht mehr für ein Dessert. Nicht auszudenken, wenn es ausgerechnet heute Götterspeise gegeben hätte.
In der Kaffeeküche steht auf der Spüle nahezu täglich ein gebrauchtes Sektglas mit einem Kaffeelöffel darin. Abgesehen von der Frage, warum der- oder diejenige nicht in der Lage ist, es direkt in die Spülmaschine zu stellen, wüsste ich gerne, was darin zuvor verzehrt wurde.
Als Ausgleich für entgangene Dessertfreude mittags genehmigte ich mir auf dem Rückweg ein Feierabendbier. Bei Rückkehr am trauten Heim fand ich im Briefkasten eine Postkarte aus Trier vor und freute mich.
Mittwoch: Vielleicht lag es am Wetter – es war recht kühl, zeitweise fiel Regen – dass heute die Inspiration, hier etwas Sinnvolles zu vermerken, ausblieb. Was keineswegs heißen soll, es ergäbe immer Sinn, was hier an warmen, trockenen Tagen notiert wird.
Wo Worte ausbleiben, sollen Bilder sprechen:


Die Linke verheißt* per Plakat übrigens: „Ohne Linke kein Theater“. Ob die sich das gut überlegt haben?
*In Zeiten der Klimaerwärmung ein interessantes Wort
Donnerstag: Auf dem Fußweg ins Werk begegnete mir am Rheinufer eine mutmaßliche Mutter mit Kinderwagen. Dabei sah sie, jedenfalls solange sie sich in meinem Blickfeld befand, kein einziges Mal auf ein Datengerät. Als wir aneinander vorbeigingen, war ich versucht, ihr den gehobenen Daumen entgegen zu halten.
Ich liebe es, wenn jemand einen Satz mit Bedeutung anzureichern sucht, indem er ihn mit dem energisch ausgesprochenen Wort „Punkt“ beendet, danach aber keinen solchen macht und stattdessen nicht minder bedeutungsvoll weiterredet.
Zusammenhangloser Gedanke während einer langweiligen Besprechung: Wenn etwas verbessert werden soll, spricht man von optimieren. Warum heißt es nicht, wenn das Gegenteil eingetreten ist, pessimieren?
WordPress gratuliert mir zum zehnten Jahrestag als Nutzer desselben. Ich danke herzlich, sofern es sinnvoll ist, einem Algorithmus zu danken. Doch messe ich dem keine größere Bedeutung bei, da dieses Blog ja schon viel älter ist.
Freitag: Das Landlebenblog, das zu abonnieren ich Ihnen empfehle, veröffentlicht regelmäßig, also vielleicht nicht regelmäßig im Sinne von wöchentlich, jedenfalls wiederkehrend Berichte mit dem Titel „Was schön war“. Das finde ich gut, wird doch meistens eher über Negatives, Empörendes geschrieben, selten hingegen darüber, was gut gelaufen ist. Auch dieses Blog neigt meistens eher zum Lästern denn zum Lob, gebe ich ja zu. Warum also nicht wenigstens einmal wöchentlich das Gute hervorheben, also: was schön war. Vielleicht jeden Freitag, der ohnehin wegen des beginnenden Wochenendes meistens im Lichte des Optimismus erstrahlt, nicht immer, indes öfter als der Montag. Ob mir das wirklich jeden Freitag gelingt, kann ich nicht versprechen, vornehmen werde ich es mir jedenfalls. Was also heute schön war:
Nach dem zwar nicht auffallend schönen, immerhin insgesamt angenehmen Arbeitstag radelte ich bei ebenso angenehmen Wetter entlang des Rheins nach Hause. An einer freien Bank hielt ich an, stellte das Fahrrad ab und setzte mich, dann rief ich meinen Jugendfreund U. in Bielefeld an, um ihm zum Geburtstag zu gratulieren. Das war sehr schön, vor allem, wenn man bedenkt, dass ich normalerweise höchst ungern telefoniere.
Schön auch wieder die Wochenkolumne von Kurt Kister, hier ein Auszug:
In allen Fraktionen gibt es Menschen, deren nahezu höchster Lebenszweck die Insubordination ist, also das Abweichen von der Mehrheit, das Nölen, das verbale Hinterhertreten. Diese Menschen merken meistens, dass ihnen von Seiten der Fraktionsführung, von oben, nichts wirklich Schlimmes passiert, sie aber andererseits durch die Einladung in Talkshows belohnt werden. Talkshows leben geradezu von Abweichlern jeder Art, sei es von der Parteilinie oder der Vernunft.
Zum gesamten Text bitte hier entlang.
Gehört: „Transsubstantiation? Das ist doch das mit Ebbe und Flut, Gleichstrom und Wechselstrom, nicht?“

Samstag: Heute war Pride Bonn, eine Veranstaltung, die inzwischen leider zunehmend an Wichtigkeit gewinnt, wie auch hier und vor langer Zeit schon dort dargelegt. Sie begann als Demonstrationszug von Beuel in die Bonner Innenstadt, wo sie auf dem Münsterplatz endete. Aus zeitlichen Gründen konnte ich nicht am Zug teilnehmen, wollte aber wenigstens durch Anwesenheit bei der Schlusskundgebung meinen kleinen Teil dazu beitragen.
Da ich früher auf dem Münsterplatz eintraf als der Zug, nahm ich in der dortigen Außengastronomie Platz und bestellte eine Limonade. Wieder einmal fragte ich mich, wozu solche Getränke fast immer mit einem Trinkhalm serviert werden und legte ihn beiseite. Wieviel Plastikmüll könnte vermieden werden, würde auf diesen Unfug verzichtet. Einer lief mit einem großen Schild „Single“ über den Platz, offenbar erschien ihm hier und heute eine gute Gelegenheit, den passenden Partner zu finden.
Schließlich traf der Zug ein mit zahlreichen Regenbogenfahnen beziehungsweise ihren diversen Unterarten unterschiedlichster Farbkombinationen, deren Symbolik ebenso wie die LGBTQundsoweiter-Buchstabenreihe inzwischen eine Wissenschaft für sich geworden ist; ob das der Sache dienlich ist, ich weiß es nicht. Ansprachen wurden gehalten, es endete mit einer durchaus beeindruckenden Gruppen-Tanzeinlage. Wichtig: Die Veranstaltung wurde nicht gestört durch rechte oder religiöse Spinner. Wenn ich höre und lese, was zu solchen Anlässen mittlerweile in anderen Städten passiert, gruselt es mich und macht mir persönlich Angst. Hoffen wir, dass wenigstens der Single sein Glück gefunden hat.
Zurück zu leichteren Themen: die nächste Frage. Heute die …

Frage Nr. 17 lautet: „An welchen Urlaub denkst du mit Wehmut zurück?“ Es gab viele schöne Urlaube, auch wenn Fernreisen nie meins waren: die Familienurlaube meiner Kindheit in Büsum an der Nordsee und im Allgäu; Eisenbahntouren mit (gestern genanntem) Freund U. und dem Tramper-Monatsticket durch Deutschland in den Achtzigern; die Gran Canaria-Urlaube in den Zweitausendern mit dem Liebsten und zwei Freunden; seit den Zehnerjahren immer wieder Südfrankreich; seit den Zwanzigern altersgerechte Flusskreuzfahrten. Einige davon sind in besonders schöner Erinnerung geblieben, aber Wehmut? Gut, viele der Bahntouren lassen sich nicht wiederholen, weil zahlreiche der bereisten Strecken heute längst stillgelegt und abgebaut sind. Auch die Urlaube auf Gran Canaria würden heute anders verlaufen: ruhiger, entspannter, weil Sturm und Drang, die mit Mitte dreißig noch tosten, sich gelegt haben, es liegt mir fern, das zu beklagen. Nein, Wehmut stellt sich dabei nicht ein.
Sonntag: Der übliche Spaziergang entfiel zugunsten einer Radtour mit dem Liebsten an der Sieg entlang bis nach Hennef, wo ein idyllisches, direkt am Fluss gelegenes Ausflugslokal Aufenthaltsqualität in Aussicht stellte, um dieses in letzter Zeit in den Medien stark strapazierte Wort auch mal zu verwenden. Dort fanden wir reichlich Platz und stärkten uns mit Currywurst und Landbier für die Rückfahrt. Pünktlich bei Rückkehr zu Hause setzte stärkerer Regen ein, auch das eine oder andere Donnergrollen ließ sich vernehmen. Nach knapp einer Stunde war es wieder vorüber, es blieb bewölkt. Warum auch nicht.

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Kommen Sie gut durch die Woche.
Redaktionsschluss: 19:30



















