Woche 23: Heim und Arbeit passen nicht zusammen

Montag: Ein Witzbold hat in den Kühlschrank der Kaffeeküche ein Objekt in Form eines Miniaturfußballs gestellt, welches bei jeder Türöffnung „Olee, oleoleolee…“ ertönen lässt. Als ob das alles nicht so schon schlimm genug wäre.

Dienstag: Der Kollege von der Ressourcensteuerung, das ist der Bereich, der immer und überall prüft, wo und wieviel man noch an Mensch und Material sparen kann, kommt mit einem Rotstift in der Brusttasche zur Besprechung. Zufrieden lächelnd räkelt sich das kleine Klischee in seinem Sessel.

Mittwoch: In der Inneren Nordstadt sah ich den Lieferwagen eines Unternehmens aus Bergisch Gladbach, dort ansässig in einer Straße mit dem ulkigen Namen „Olefant“. Das wäre doch ein schöner Spitzname für einen Menschen namens Ole, der mit einem voluminösen Körper oder ungewöhnlich großen Ohren ausgestattet ist, oder mit einem sehr langen … lassen wir das. Vielleicht liegt es an der Hitze, wenn die Phantasie manchmal mit mir durchgeht.

Donnerstag: Meldung des Tages: Im Tierpark von Hodenhagen ist der Biber … nein, der Ex-Affe von Justin Bieber Vater geworden. Das ist möglicherweise das kleinere Übel, verglichen mit der Fortpflanzung des Ex-Besitzers.

Freitag: Aus Anlass der Inempfangnahme einer Palette voll vergorenem Traubenmost aus Frankreich verrichtete ich heute meine geschäftliche Tätigkeit am heimischen Küchentisch statt im Büro. „Homeoffice“, wie es auf neudeutsch heißt (und weder neu noch deutsch ist). Einmal mehr stelle ich fest: Heim und Arbeit passen für mich zusammen wie Wasser und Öl.

Auch der Bayer-Konzern nahm etwas in Empfang, nämlich bereits gestern das Unternehmen Monsanto. Laut Zeitungsbericht geißelt das katholische Hilfswerk Misereor die Übernahme als „reine Gewinnmaximierung“. Ja was denn sonst?

Samstag: In einem Zeitungsartikel über die Vorruhestandsregelung für Beamte lese ich das wunderbare Wort „Vercouchungsgefahr“. Wieso Gefahr?

In einem anderen Artikel las ich von Promenadologie, das ist die Lehre vom Spazierengehen. Das könnte mir gefallen. Wenn ich erstmal im Vorruhestand bin.

Sonntag: „Monsanto folgt höchsten ethischen Standards“, wird der zuständige Agrar-Chef von Bayer in der FAS zitiert. Es ist ja schon mal eine gute Nachricht, wenn den Standards gefolgt wird. Noch besser wäre es freilich, wenn sie auch erreicht würden.

Chronik Woche 44

Vorwort: Ab sofort erscheint hier regelmäßig ein persönlicher Wochenrückblick. Zumindest werde ich mich um Regelmäßigkeit bemühen; ob es gelingt, werden wir sehen. 

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Montag
Brückentag vor dem Feiertag. Im Büro ist es so ruhig wie sonst nur zwischen Weihnachten und Neujahr. Dennoch leichte Montagsmelancholie, die sich erst am frühen Nachmittag langsam auflöst.

Dienstag
Spaziergang mit meinen Lieben über den Alten Friedhof. Erstaunlicherweise ist dort noch viel Platz. Mangels Prominenz und Bedeutung aber voraussichtlich keine Option für mein Endlager.

Mittwoch
Gedanke am Morgen kurz vor Erreichen des Arbeitsplatzes: Ich empfinde es nicht als Mangel, keine Kinder zu haben, die ich morgens vor der Arbeit bei den Minimäusen zur Aufbewahrung abgeben muss.

Donnerstag 
Auf der Rückfahrt vom Büro sah ich in der Bahn gleich zwei junge Männer zwischen zwanzig und dreißig, die weder Kopfhörer trugen noch auf ihr Datengerät starrten. Das war unheimlich.

Freitag
Trotz des bevorstehenden anstrengenden Wochenendes gut gelaunt aus dem Büro. Wieder ist eine Arbeitswoche vergangen, in der ich weder abgestochen noch gesprengt worden bin. Man darf die positiven Dinge niemals geringschätzen.

Samstag
Chorwochenende in der Jugendherberge von Gerolstein. Einzelzimmer ohne WC und Dusche, dafür mit fünf Betten. Das Klischee vom roten Tee in großen Blechkannen wird hier noch erfüllt, oder „bedient“ heißt es wohl bei Klischees, warum auch immer. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Die Gerolsteiner Jugendherberge ist nicht zu beanstanden, das Essen ist gut und die Mitarbeiter sind sehr freundlich.

Sonntag
Aufgrund der Gegebenheiten erscheint es mir moralisch unbedenklich, statt nachts über den Flur zu huschen, das Waschbecken zu benutzen. Erkenntnis: Der Mensch stirbt nicht sofort, wenn er zwei Tage lang nicht geduscht hat.