Woche 19/2025: Kein Oberdeckwetter, beeindruckende Aromatik und eingeschränktes Bemühensinteresse

Montag: Wir sind weiterhin auf Flusskreuzfahrt auf der Rhône in Frankreich, heute auf dem Weg von Avignon, wo wir gestern Mittag abgelegt haben, bis Lyon, wo wir am frühen Abend ankamen. Da es gestern regnete und kühl geworden ist, verbrachten wir den Abend nicht an Deck, sondern im Salon, wo es sich nicht vermeiden ließ und sogar angenehm war, mit Mitreisenden ins Gespräch zu kommen. Wir gingen zeitig zu Bett, konnten jedoch nur schlecht einschlafen. Vermutlich war es keine so gute Idee, einen French Coffee zu bestellen.

Als wir dennoch zeitig erwachten, lag das Schiff vor Andance, einem kleinen Ort zwischen Valence und Vienne, es legte bald wieder ab und setzte die Fahrt fort. Dass und warum wir in Andance Halt machten, war nicht mitgeteilt worden, man muss nicht alles wissen.

Man muss auch nicht alles hinnehmen. Vergangene Woche äußerte ich mich kritisch über nicht ganz frisches Brot zum Frühstück. Was heute an Brot angeboten wurde, grenzte an Frechheit, die Scheiben bogen sich kurz vor hart. Ich halte mich für einen verträglichen Menschen, der (vielleicht manchmal zu) vieles als gegeben zu akzeptieren bereit ist, wenn das Gesamtbild passt. Doch irgendwann kommt auch bei mir der Punkt, wo die Sicherheitsventile abblasen. Der war heute erreicht, zu vieles entspricht seit Abreise nicht den Erwartungen: die geänderte Reiseroute wegen geschlossener Schleusen auf der Saône am 1. Mai, die erst bei Abfahrt mitgeteilt wurde, als ob man das nicht vorher gewusst hätte. Ungefähr jeder zweite Wein von der Karte ist nicht vorrätig, nicht einmal Pastis, mitten in Frankreich. Die Qualität des Essens, die seit den letzten Reisen mit diesem Veranstalter stark nachgelassen hat. All das trugen wir der Reiseleiterin vor, die es sich geduldig anhörte, Notizen machte und versprach, die Beanstandungen weiterzugeben. Wir sind nicht die einzigen an Bord, die diese Mängel empfinden, wie sich aus Gesprächen mit anderen Gästen ergibt. Immerhin hat man damit etwas, worüber man sich unterhalten kann.

Doch vermag all das die Urlaubsfreude nur geringfügig zu trüben. Ebensowenig wie das weiterhin regnerisch-kalte Wetter, das uns vom Oberdeck fernhält und in die Kabine oder die Panorama-Lounge treibt, wo vormittags ein Apéro mit „Spezialitäten aus der Region“ gereicht wurde. Noch gesättigt vom Frühstück verzichteten wir.

Am frühen Abend erreichten wir so zeitig Lyon, dass bis zum Abendessen (unsere Tage an Bord sind im Wesentlichen durch die Essenszeiten getaktet) noch eine Stunde Zeit blieb für eine Runde durch die Stadt. Angesichts des Wetters reichte das auch.

Dienstag: In der Nacht fuhren wir weiter nach Trévoux an der Saône. Trotz Verzichts auf Ohrstöpsel bekam ich nichts davon mit, entweder war das Schiff sehr leise gefahren oder man hat sich inzwischen daran gewöhnt, so wie man Züge nachts nicht mehr hört, wenn man länger an einer Bahnstrecke wohnt.

Nach dem Spätstück verließen wir das Schiff für eine Runde durch Trévoux, ein hübscher Ort mit einer fotogenen Brücke. Nach Rückkehr an Bord hatten wir ein recht angenehmes Gespräch mit der Reiseleiterin, die inzwischen unsere gestrige, oben genannte Beanstandungen betreffende Mail an den Veranstalter erreicht hatte. Zwar kann sie die Mängel nicht alle beheben, sagte uns aber für die letzten Tage frisches Brot und angemessene Weinauswahl zu.

Da es weiterhin zu kalt ist für das Oberdeck, verbrachten wir den Nachmittag im Salon im Vorderschiff mit Tee, Lesen, Postkartenschreiben und in die Gegend Kucken. Auch von dort hat man einen schönen Blick nach draußen, ohne zu frieren.

Auch im Urlaub lese ich den Bonner General-Anzeiger, immer informiert bleiben. Darin heute in einem Artikel über eine geführte Radtour auf den Spuren der stillgelegten Straßenbahn nach Mehlem dieser Satz: „Gerhard Lemm führt die Teilnehmenden auf einer rund zweistündigen Rundfahrt in die Zeit von 1891 bis 1976, als eine Bahntrasse für eine Dampf- und später Diplomatenbahn seine Passagiere bis nach Mehlem beförderte.“ Eine Bahntrasse beförderte Herrn Lemms Passagiere? Erst mit Dampfloks, später wurden Diplomaten vor die Wagen gespannt?

Am frühen Abend erreichten wir Mâcon, wo wir über Nacht bleiben, ehe es morgen zurück nach Lyon geht.

Brücke in Trévoux

Mittwoch: Zum Spätstück gab es frisches Brot und Brötchen, die sich ohne Verletzungsgefahr aufschneiden ließen. Geht doch, unsere Hinweise zeigen Wirkung, leider etwas spät, morgen endet für uns die Reise.

Vormittags gingen wir von Bord und schauten uns Mâcon an. Mittags legten wir ab nach Lyon, das abends erreicht wurde. Weiterhin kein Oberdeckwetter. Dennoch suchten wir kurz vor Erreichen des Ziels das Vorderdeck auf, die Einfahrt auf der Saône in Lyon ist bei jedem Wetter ein Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

Müllabfuhr in Mâcon
Einfahrt Lyon I
Einfahrt Lyon II
Abendblick ans andere Rhône-Ufer

Aus der Zeitung: „Vatikan informiert über weiße Rauchzeichen“

Im Übrigen finde ich es nicht angemessen, bereits jetzt über Bundeskanzler Merz und seine Regierung zu richten. Lasst sie doch erstmal versagen.

Donnerstag: Nach dem letzten Frühstück verließen wir planmäßig und geordnet das Schiff, brachten die Koffer ins Auto im nahen Parkhaus und spazierten zur immer besuchenswerten Markthalle, wo es noch ziemlich ruhig war. Wegen der frühen Stunde tranken wir an der Marktschänke einen Kaffee, keinen Rosé.

Danach fuhren wir zum Hotel auf der anderen Rhône-Seite, wir bleiben eine weitere Nacht in Lyon. Das Hotel, das uns der Liebste gebucht hat, ein ehemaliges historisches Krankenhaus, ist mit grandios einigermaßen zutreffend beschrieben. Nicht gerade günstig, zum heutigen 23. Hochzeitstag gönnen wir uns das. Irgendwie hat er ein Apgret hinbekommen, die Suite, in der wir residieren, so muss man das wohl nennen, erstreckt sich über zwei Etagen mit einer Gesamtdeckenhöhe von schätzungsweise sechs bis sieben Metern, die Vorhänge vor dem hohen Fenster werden auf Knopfdruck elektrisch geschlossen und geöffnet. Gemütlich ist anders, auf jeden Fall beeindruckend. Doch auch hier, wie in fast allen Hotels, spart man an Kleinigkeiten, sie ahnen es: Es gibt keine Jackenhaken. Ich werde nicht müde, das immer wieder zu beanstanden.

Nach dem Einschecken gingen wir in die Altstadt, die am Hang liegt und deren höhergelegene Teile über mehrere Treppen mit hunderten Stufen erreichbar sind. Obwohl mir urlaubsbedingt der mittägliche Treppensteig im Mutterhaus des Arbeitgebers fehlt, kam ich gut hoch, der Liebste geriet im letzten Viertel etwas ins Schwitzen. Lyon ist eine großartige Stadt, auch wenn mir die Altstadt etwas zu menschenvoll war.

Auf dem Weg zum Parkhaus
Weg zur Markthalle
Hundehalter
Hotel, Außenansicht
Unsere Kammer, Teilansicht
Blick von der oberen Altstadt

Freitag: Nach dem Frühstück verließen wir Lyon mit Ziel Langres, der letzten Etappe dieser Urlaubsreise. Wieder fuhren wir autobahnmeidend über Land, unter anderem durch die Dombes, eine Art Seenplatte aus künstlich angelegten Fischteichen, wie die Wikipedia weiß. Von den Teichen sahen wir indes nicht viel, weil sie meistens von Gebüsch umsäumt waren. Dafür sahen wir auf einem Acker zahlreiche Störche, die in dieser Gegend vermutlich reichlich zu futtern finden. Ansonsten durchfuhren wir Dörfer und sahen zahlreiche blühende Akazien.

In Beaune legten wir einen Zwischenhalt ein zum Einkauf von Spezialitäten, auf dass wir auch in den nächsten Tagen nicht hungern müssen und vielleicht, wenn es schlecht läuft, in den übernächsten Tagen wieder was zum Wegwerfen haben.

Auch in Langres, das am frühen Abend erreicht wurde, hat der Liebste ein Hotel in gehobener Kategorie gebucht. Nicht minder gehoben das angeschlossene Restaurant, wo wir den Abend bei beeindruckender Aromatik und überraschenden Zutaten (z.B. hölzerne Farnwurzeln, deren Verzehrzweck nicht ganz klar war) verbrachten. Mein Bedarf an französischer Sternküche ist damit vorerst gedeckt, ein wenig freue ich mich wieder auf die Kantine ab Montag. Auf die nahende Werktätigkeit nicht so sehr, das kommt bestimmt noch.

Störche und Möwen bei Villars-les-Dombes
Saint-Julien-sur-Reyssouze
Vor Bonnencontre
Unser Hotel in Langres – ein erstklassiges Haus

Samstag: Nach dem Frühstück traten wir die Heimfahrt an, bis Vittel über die Dörfer, ab dort auf die Autobahn. Am späten Nachmittag erreichten wir Bonn. Fazit: Trotz meteorologischer und bordgastronomischer Schwächen war es ein schöner Urlaub, und ja, ich äußerte es bereits früher bei ähnlicher Gelegenheit, die Bedenklichkeit von (Fluss-)Kreuzfahrten hinsichtlich Umweltschutz und Arbeitsbedingungen des Personals ist mir bewusst.

Wieder einmal komme ich zu der Erkenntnis, Frankreich ist ein sehr schönes Land. Wäre ich noch religiös und ließe es sich nicht vermeiden, dass ich nochmals als Mensch geboren werde, dann gerne dort. Dann käme ich auch mit der Sprache klar: Obwohl wir seit Jahren Urlaub in Frankreich machen, fällt es mir immer noch schwer, Französisch zu verstehen oder gar selbst darin zu kommunizieren. Das ist traurig, doch mangelt es mir an Talent, andere Sprache zu erlernen. Ähnliches gilt, nicht ganz so ausgeprägt, für Englisch. Vielleicht, nein ziemlich sicher ist es auch eine gewisse Bequemlichkeit meinerseits, mehr Aufwand für das Erlernen aufzubringen. Oder wie der Liebste es ausdrückt, der fließend Englisch und ganz passabel Französisch spricht: Mein Bemühensinteresse ist sehr eingeschränkt.

Sonntag: Die Mauersegler sind da, ist in den Blogs zu lesen, auch hier bei uns sausen sie wieder durch die Siedlung, wenn auch noch nicht in großer Anzahl. Nicht nur die, auch der Zeppelin dreht wieder seine Runden über die Stadt, jedenfalls sah ich ihn vormittags zweimal, nachmittags nicht mehr.

Nachmittags unternahm ich einen langen Spaziergang über die Kennedybrücke auf die andere Rheinseite und über die Nordbrücke zurück. Während ich letztere überquerte, fuhr unter mir aus Köln kommend ein großes Partyschiff mit menschenvollem Oberdeck und Tanzfläche, auf der man sich zu „Amsterdam“ bewegte. Ich blieb stehen und betrachtete das Treiben aus sicherer Entfernung, manche winkten mir zu, als meistens freundlicher Mensch winkte ich mit nicht übertriebenem Bewegungsaufwand zurück. Wie üblich bei solchen Fahrten wurde unter der Brücke gejohlt, weil das so schön hallt; ein wenig fühlte es sich an, als jubelte man mir zu. Das Lied hallte danach noch längere Zeit ohrwurmend in meinen Hirnwindungen nach.

Ansonsten die nicht neue Erkenntnis: Wir haben es hier auch ganz schön.

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„Bahnhöfchen Style“ tut ein kleines bisschen weh
Rheinauen vor Schwarzrheindorf
„Mimimi“

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Kommen Sie gut durch die Woche. Falls Sie auch Urlaub hatten, einen angenehmen Start in den Alltag.

Woche 11: Bitte fühlen Sie sich mitgedacht!

Montag: Also gut. Vielleicht ist das mit dem generischen Maskulinum ja doch gar nicht so völlig in Ordnung. Als Zeichen des guten Willens und der Bereitschaft, mich weiter zu entwickeln habe ich deshalb beschlossen, dieses Blog in gendergerechte Sprache zu überführen, jedenfalls probehalber und bis auf Weiteres, sagen wir, zunächst bis Ende April, dann sehen wir weiter. Nun erwarten Sie bitte kein Binnen-I, -Sternchen, -Unterstrich oder Doppelpunkt, und erst recht kein generisches Femininum; das alles empfinde ich nach wir vor als den Lesefluss hemmend und irritierend. Stattdessen verwende ich das von der Schriftstellerin Gitta Edelmann erdachte Gender-i, und damit es was Eigenes ist, ergänzt um ein »’« am Ende. Das irritiert das Auge beim Lesen nicht allzu sehr, beim Sprechen erfordert es keine Petra-Gerster-Pause, und es umfasst sämtliche Geschlechter. Das sieht dann so aus: das (Sg.) / die (Pl.) Lehreri‘, Kollegi‘, Mitarbeiteri‘, Chefi‘, Stahlträgeri‘, Spaghetti‘. (Finde den Fehler.) – Liebe Leseri‘, bitte fühlen Sie sich umfassend mitgedacht!

Der journalistische Synonymzwang hat eine (mir) neue Blüte hervorgebracht: In der Tageszeitung wird Schweden als „Abba-Nation“ bezeichnet. Zu ihrer Verteidigung sei erwähnt, dass es ein Artikel über den diesjährigen schwedischen ESC-Teilnehmer mit dem etwas seltsamen Namen „Tusse“ war. Oder Teilnehmeri‘? Wer weiß.

Die katholische Kirche hat von höchster Stelle, also natürlich nur im irdischen Sinne, die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare untersagt. Wer etwas anderes erwartet hat, glaubt wohl an Wunder und das Osterhasi‘. Segnete dieselbe Kirche nicht schon Kriegswaffen bis hin zur Atombombe? Um Gotti‘ Willen.

Dienstag: Nicht Gender-Sternchen, sondern „Corona-Schutzmasken mindern je nach Typ in unterschiedlicher Weise die Sprachverständlichkeit. Das hat eine Studie an der Technischen Hochschule Köln ergeben“, steht in der Zeitung. Wer hätte das gedacht.

Eine WhatsApp-Gruppe, der ich angehöre, lädt zu einem Zoom-Umtrunk ein. Da mich solche virtuellen Ersatz-Treffen nach wie vor sehr deprimieren, verzichte ich auf eine Teilnahme.

Mittwoch: Die Impfungen mit AstraZeneca wurden in Deutschland ausgesetzt, nachdem es nach 1,7 Millionen Impfungen zu drei Todesfällen kam, die möglicherweise auf den Impfstoff zurückzuführen sind. Das entspricht knapp 0,0002 Prozent. Zum Vergleich: Von den bislang 2,6 Millionen mutmaßlich ungeimpft Infizierten sind bislang rund 74.000 gestorben, das sind 2,8 Prozent. Warum genau darf das Zeug jetzt nicht gespritzt werden?

Am späteren Abend rief meine Mutter an, um uns zum „kleinen“ Hochzeitstag zu gratulieren, an den wir selbst mal wieder nicht gedacht hatten. (Vor drei Jahren wurde die „Eingetragene Lebenspartnerschaft“ amtlich und ohne große Feier und kirchlichen Segen in eine Ehe umgewandelt.)

„Erst auf Händen getragen, dann auf Kakteen gebettet.“ Der Geliebte hat es nicht leicht.

Apropos Hände: Vor ziemlich genau einem Jahr schüttelte ich zum letzten Mal welche. Man muss in allem auch das Gute sehen.

Donnerstag: Das Datengerät meldete den Geburtstag meines Onkels, der bereits vor ein paar Jahren gestorben ist. Da ich ihn sehr mochte, bringe ich es nicht übers Herz, den Kalendereintrag zu löschen. Das folgende Bild zeigt den Onkel (rechts) und den Neffen in den Siebzigerjahren, dazwischen sein Käfer, auf den er sehr stolz war, wie man vielleicht nicht nur an der farblichen Harmonie zwischen Wagen und T-Shirt erkennen kann.

Heute hatte ich einen sogenannten Inseltag, das heißt einen Urlaubstag zwischendurch ohne besonderes Vorhaben, einfach nur so. Da auch der Liebste nichts Wichtiges zu tun hatte, machten wir eine Ausfahrt in die Eifel mit Blick über den Laacher See.

Gelesen hier:

„Es gab nämlich eine Menge Leichen im Keller und wenn ich die komplett verschwiegen hätte, dann hätte mich das Leichengift noch in den nächsten 10 Jahren einholen können. Deshalb habe ich in der Erklärung alles offengelegt, aber für jede Leiche auch sofort eine gute Erklärung für einen natürlichen Tod mitgeliefert.“

Freitag: AstraZeneca darf nun wieder verabreicht werden. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Attila Hildmann oder das Querspinneri‘ Ihres Vertrauens.

Mitteilung des IT-Bereichs: Wegen Wartungsarbeiten kann es am Sonntagmorgen zwischen 2 und 4 Uhr zu kurzfristigen Ausfällen beim Zugriff auf die Mailpostfächer kommen. Irgendwas ist ja immer.

Samstag: Am frühen Nachmittag war ich kurz in der Stadt. (Ich weiß, von der Formulierung her ist das unsauber – auch jetzt, da ich dieses schreibe, bin ich in der Stadt, da ich dort wohne. Aus alter Gewohnheit, als Bett und Tisch noch in Bielefelder Vororten standen, gehe/fahre ich „in die Stadt“, wenn ich die Fußgängeri’zone meine. So wie der Geliebte „nach Bonn“ fährt, wenn er Bonn-Bad Godesberg in Richtung Bonn-Zentrum verlässt. Wobei das vielleicht noch etwas anderes ist: Die Godesbergeri‘ haben es auch noch zweiundfünfzig Jahren nicht verwunden, zu Bonn zu gehören, wohingegen ich mich in Stieghorst und Quelle [das gibt es wirklich, hat nichts mit Schickedanz zu tun] stets als Bielefelder fühlte.) Leichte Melancholie befiel mich: Trotz recht vieler Menschen auf den Straßen war es doch ganz anders als früher – Masken überall, viele Geschäfte geschlossen, vor anderen lange Schlangen, keine Gastronomie. Ich bin weit davon entfernt, zu fordern, sofort wieder alles zu öffnen, wie manche das für richtig halten, und doch frage ich mich, wie lange das so noch weiter geht. Uns geht es gut, keine Frage, wir leiden keinen Mangel. Manchmal indes, so wie heute, denke ich, so langsam könnte es doch mal gut sein. Aber das wird es noch lange nicht, im Gegenteil, in Kürze wird vermutlich alles wieder geschlossen, weil es nicht anders geht, weil die Zahlen wieder stark steigen. Man muss sich gedulden und das Beste daraus machen, zum Beispiel, aber nicht unbedingt, so:

(Gesehen heute in der Friedrichstraße)

Ob danach wirklich ALLES wieder so sein soll wie vorher, daran habe ich große Zweifel.

Randnotiz:* Während ich dieses notiere, höre ich Musik (unter anderem diese) über meine gute alte Stereoanlage, die schon meine Wohnung in Bielefeld-Quelle beschallte. Die mag ich sehr, weil sie Knöpfe und Regler hat für an/aus, laut/leise und einiges Anderes. Wenn meine Lieben hingegen Musik oder Radio hören wollen, diskutieren sie minutenlang mit einer unsichtbaren, schwerhörigen, begriffsstutzigen Dame namens Siri. Daran will und werde ich mich niemals gewöhnen.

* Fußnote zur Randnotiz: Vielleicht wohnt mir bisweilen eine gewisse Rückwärtsgewandtheit inne, gerade auch gegenüber der digitalen Welt. Dennoch frage ich, mal so unter uns Blogschreiberi‘: Wenn ein Blogbeitrag von mir in einem anderen erwähnt und verlinkt wird, ist es dann nicht das Mindeste, dass ich mich dort per Kommentar kurz dafür bedanke, oder ist das oldschool? Nur ein Gedanke.

Sonntag: Beim Zähneputzen morgens erfuhr ich beiläufig, dass die Sängerin dieses Liedes, das wohl fast jeder kennt, Ce Ce Peniston heißt. Ein kleiner Zotenteufel in mir zwingt mich, das Wort „Peniston“ in zwei Bestandteile zu zerlegen, diese sogleich in neuem Sinnzusammenhang wieder aneinander zu fügen und pubertär zu grinsen, ich kann da wirklich nichts für.

Gelesen:

„… belassen wir es dabei, dass ich mich an keinen Zeitpunkt in meinem Leben erinnern kann, da mir das, was mich umgab, nicht als mindestens seltsam, manchmal bizarr, gar absurd vorkam, auf jeden Fall einer Nachfrage wert.“

Terèzia Mora, Schriftstellerin, in der PSYCHOLOGIE HEUTE