Montag: Wir sind weiterhin auf Flusskreuzfahrt auf der Rhône in Frankreich, heute auf dem Weg von Avignon, wo wir gestern Mittag abgelegt haben, bis Lyon, wo wir am frühen Abend ankamen. Da es gestern regnete und kühl geworden ist, verbrachten wir den Abend nicht an Deck, sondern im Salon, wo es sich nicht vermeiden ließ und sogar angenehm war, mit Mitreisenden ins Gespräch zu kommen. Wir gingen zeitig zu Bett, konnten jedoch nur schlecht einschlafen. Vermutlich war es keine so gute Idee, einen French Coffee zu bestellen.
Als wir dennoch zeitig erwachten, lag das Schiff vor Andance, einem kleinen Ort zwischen Valence und Vienne, es legte bald wieder ab und setzte die Fahrt fort. Dass und warum wir in Andance Halt machten, war nicht mitgeteilt worden, man muss nicht alles wissen.
Man muss auch nicht alles hinnehmen. Vergangene Woche äußerte ich mich kritisch über nicht ganz frisches Brot zum Frühstück. Was heute an Brot angeboten wurde, grenzte an Frechheit, die Scheiben bogen sich kurz vor hart. Ich halte mich für einen verträglichen Menschen, der (vielleicht manchmal zu) vieles als gegeben zu akzeptieren bereit ist, wenn das Gesamtbild passt. Doch irgendwann kommt auch bei mir der Punkt, wo die Sicherheitsventile abblasen. Der war heute erreicht, zu vieles entspricht seit Abreise nicht den Erwartungen: die geänderte Reiseroute wegen geschlossener Schleusen auf der Saône am 1. Mai, die erst bei Abfahrt mitgeteilt wurde, als ob man das nicht vorher gewusst hätte. Ungefähr jeder zweite Wein von der Karte ist nicht vorrätig, nicht einmal Pastis, mitten in Frankreich. Die Qualität des Essens, die seit den letzten Reisen mit diesem Veranstalter stark nachgelassen hat. All das trugen wir der Reiseleiterin vor, die es sich geduldig anhörte, Notizen machte und versprach, die Beanstandungen weiterzugeben. Wir sind nicht die einzigen an Bord, die diese Mängel empfinden, wie sich aus Gesprächen mit anderen Gästen ergibt. Immerhin hat man damit etwas, worüber man sich unterhalten kann.
Doch vermag all das die Urlaubsfreude nur geringfügig zu trüben. Ebensowenig wie das weiterhin regnerisch-kalte Wetter, das uns vom Oberdeck fernhält und in die Kabine oder die Panorama-Lounge treibt, wo vormittags ein Apéro mit „Spezialitäten aus der Region“ gereicht wurde. Noch gesättigt vom Frühstück verzichteten wir.
Am frühen Abend erreichten wir so zeitig Lyon, dass bis zum Abendessen (unsere Tage an Bord sind im Wesentlichen durch die Essenszeiten getaktet) noch eine Stunde Zeit blieb für eine Runde durch die Stadt. Angesichts des Wetters reichte das auch.
Dienstag: In der Nacht fuhren wir weiter nach Trévoux an der Saône. Trotz Verzichts auf Ohrstöpsel bekam ich nichts davon mit, entweder war das Schiff sehr leise gefahren oder man hat sich inzwischen daran gewöhnt, so wie man Züge nachts nicht mehr hört, wenn man länger an einer Bahnstrecke wohnt.
Nach dem Spätstück verließen wir das Schiff für eine Runde durch Trévoux, ein hübscher Ort mit einer fotogenen Brücke. Nach Rückkehr an Bord hatten wir ein recht angenehmes Gespräch mit der Reiseleiterin, die inzwischen unsere gestrige, oben genannte Beanstandungen betreffende Mail an den Veranstalter erreicht hatte. Zwar kann sie die Mängel nicht alle beheben, sagte uns aber für die letzten Tage frisches Brot und angemessene Weinauswahl zu.
Da es weiterhin zu kalt ist für das Oberdeck, verbrachten wir den Nachmittag im Salon im Vorderschiff mit Tee, Lesen, Postkartenschreiben und in die Gegend Kucken. Auch von dort hat man einen schönen Blick nach draußen, ohne zu frieren.
Auch im Urlaub lese ich den Bonner General-Anzeiger, immer informiert bleiben. Darin heute in einem Artikel über eine geführte Radtour auf den Spuren der stillgelegten Straßenbahn nach Mehlem dieser Satz: „Gerhard Lemm führt die Teilnehmenden auf einer rund zweistündigen Rundfahrt in die Zeit von 1891 bis 1976, als eine Bahntrasse für eine Dampf- und später Diplomatenbahn seine Passagiere bis nach Mehlem beförderte.“ Eine Bahntrasse beförderte Herrn Lemms Passagiere? Erst mit Dampfloks, später wurden Diplomaten vor die Wagen gespannt?
Am frühen Abend erreichten wir Mâcon, wo wir über Nacht bleiben, ehe es morgen zurück nach Lyon geht.

Mittwoch: Zum Spätstück gab es frisches Brot und Brötchen, die sich ohne Verletzungsgefahr aufschneiden ließen. Geht doch, unsere Hinweise zeigen Wirkung, leider etwas spät, morgen endet für uns die Reise.
Vormittags gingen wir von Bord und schauten uns Mâcon an. Mittags legten wir ab nach Lyon, das abends erreicht wurde. Weiterhin kein Oberdeckwetter. Dennoch suchten wir kurz vor Erreichen des Ziels das Vorderdeck auf, die Einfahrt auf der Saône in Lyon ist bei jedem Wetter ein Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte.




Aus der Zeitung: „Vatikan informiert über weiße Rauchzeichen“
Im Übrigen finde ich es nicht angemessen, bereits jetzt über Bundeskanzler Merz und seine Regierung zu richten. Lasst sie doch erstmal versagen.
Donnerstag: Nach dem letzten Frühstück verließen wir planmäßig und geordnet das Schiff, brachten die Koffer ins Auto im nahen Parkhaus und spazierten zur immer besuchenswerten Markthalle, wo es noch ziemlich ruhig war. Wegen der frühen Stunde tranken wir an der Marktschänke einen Kaffee, keinen Rosé.
Danach fuhren wir zum Hotel auf der anderen Rhône-Seite, wir bleiben eine weitere Nacht in Lyon. Das Hotel, das uns der Liebste gebucht hat, ein ehemaliges historisches Krankenhaus, ist mit grandios einigermaßen zutreffend beschrieben. Nicht gerade günstig, zum heutigen 23. Hochzeitstag gönnen wir uns das. Irgendwie hat er ein Apgret hinbekommen, die Suite, in der wir residieren, so muss man das wohl nennen, erstreckt sich über zwei Etagen mit einer Gesamtdeckenhöhe von schätzungsweise sechs bis sieben Metern, die Vorhänge vor dem hohen Fenster werden auf Knopfdruck elektrisch geschlossen und geöffnet. Gemütlich ist anders, auf jeden Fall beeindruckend. Doch auch hier, wie in fast allen Hotels, spart man an Kleinigkeiten, sie ahnen es: Es gibt keine Jackenhaken. Ich werde nicht müde, das immer wieder zu beanstanden.
Nach dem Einschecken gingen wir in die Altstadt, die am Hang liegt und deren höhergelegene Teile über mehrere Treppen mit hunderten Stufen erreichbar sind. Obwohl mir urlaubsbedingt der mittägliche Treppensteig im Mutterhaus des Arbeitgebers fehlt, kam ich gut hoch, der Liebste geriet im letzten Viertel etwas ins Schwitzen. Lyon ist eine großartige Stadt, auch wenn mir die Altstadt etwas zu menschenvoll war.






Freitag: Nach dem Frühstück verließen wir Lyon mit Ziel Langres, der letzten Etappe dieser Urlaubsreise. Wieder fuhren wir autobahnmeidend über Land, unter anderem durch die Dombes, eine Art Seenplatte aus künstlich angelegten Fischteichen, wie die Wikipedia weiß. Von den Teichen sahen wir indes nicht viel, weil sie meistens von Gebüsch umsäumt waren. Dafür sahen wir auf einem Acker zahlreiche Störche, die in dieser Gegend vermutlich reichlich zu futtern finden. Ansonsten durchfuhren wir Dörfer und sahen zahlreiche blühende Akazien.
In Beaune legten wir einen Zwischenhalt ein zum Einkauf von Spezialitäten, auf dass wir auch in den nächsten Tagen nicht hungern müssen und vielleicht, wenn es schlecht läuft, in den übernächsten Tagen wieder was zum Wegwerfen haben.
Auch in Langres, das am frühen Abend erreicht wurde, hat der Liebste ein Hotel in gehobener Kategorie gebucht. Nicht minder gehoben das angeschlossene Restaurant, wo wir den Abend bei beeindruckender Aromatik und überraschenden Zutaten (z.B. hölzerne Farnwurzeln, deren Verzehrzweck nicht ganz klar war) verbrachten. Mein Bedarf an französischer Sternküche ist damit vorerst gedeckt, ein wenig freue ich mich wieder auf die Kantine ab Montag. Auf die nahende Werktätigkeit nicht so sehr, das kommt bestimmt noch.




Samstag: Nach dem Frühstück traten wir die Heimfahrt an, bis Vittel über die Dörfer, ab dort auf die Autobahn. Am späten Nachmittag erreichten wir Bonn. Fazit: Trotz meteorologischer und bordgastronomischer Schwächen war es ein schöner Urlaub, und ja, ich äußerte es bereits früher bei ähnlicher Gelegenheit, die Bedenklichkeit von (Fluss-)Kreuzfahrten hinsichtlich Umweltschutz und Arbeitsbedingungen des Personals ist mir bewusst.
Wieder einmal komme ich zu der Erkenntnis, Frankreich ist ein sehr schönes Land. Wäre ich noch religiös und ließe es sich nicht vermeiden, dass ich nochmals als Mensch geboren werde, dann gerne dort. Dann käme ich auch mit der Sprache klar: Obwohl wir seit Jahren Urlaub in Frankreich machen, fällt es mir immer noch schwer, Französisch zu verstehen oder gar selbst darin zu kommunizieren. Das ist traurig, doch mangelt es mir an Talent, andere Sprache zu erlernen. Ähnliches gilt, nicht ganz so ausgeprägt, für Englisch. Vielleicht, nein ziemlich sicher ist es auch eine gewisse Bequemlichkeit meinerseits, mehr Aufwand für das Erlernen aufzubringen. Oder wie der Liebste es ausdrückt, der fließend Englisch und ganz passabel Französisch spricht: Mein Bemühensinteresse ist sehr eingeschränkt.
Sonntag: Die Mauersegler sind da, ist in den Blogs zu lesen, auch hier bei uns sausen sie wieder durch die Siedlung, wenn auch noch nicht in großer Anzahl. Nicht nur die, auch der Zeppelin dreht wieder seine Runden über die Stadt, jedenfalls sah ich ihn vormittags zweimal, nachmittags nicht mehr.
Nachmittags unternahm ich einen langen Spaziergang über die Kennedybrücke auf die andere Rheinseite und über die Nordbrücke zurück. Während ich letztere überquerte, fuhr unter mir aus Köln kommend ein großes Partyschiff mit menschenvollem Oberdeck und Tanzfläche, auf der man sich zu „Amsterdam“ bewegte. Ich blieb stehen und betrachtete das Treiben aus sicherer Entfernung, manche winkten mir zu, als meistens freundlicher Mensch winkte ich mit nicht übertriebenem Bewegungsaufwand zurück. Wie üblich bei solchen Fahrten wurde unter der Brücke gejohlt, weil das so schön hallt; ein wenig fühlte es sich an, als jubelte man mir zu. Das Lied hallte danach noch längere Zeit ohrwurmend in meinen Hirnwindungen nach.
Ansonsten die nicht neue Erkenntnis: Wir haben es hier auch ganz schön.




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Kommen Sie gut durch die Woche. Falls Sie auch Urlaub hatten, einen angenehmen Start in den Alltag.



