Woche 17/2025: Dafür kann man es nicht selbst machen

Montag: Weiterhin Ostern. Der Papst ist tot. Völlig unangemessen spielt, seit ich es erfahren habe, in meinem Kopf der Kinderkanon „Der Hahn ist tot“, nur statt Hahn eben Papst und „Hallelu – lelujah“ statt „kokodi – kokoda“. Sein Chef möge mir verzeihen.

Nachmittags unternahm ich einen Spaziergang durch die Nordstadt und an den Rhein. Dabei sah ich unter anderem ein Schwanenballett:

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Die Zufahrten zur Inneren Nordstadt sind weiterhin für den Durchgangsverkehr gesperrt, obwohl die meisten Kirschblüten inzwischen abgefallen sind und einen rosa Niederschlag auf dem Pflaster bilden.

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Peterstraße, mittlerweile kirschblütenfrei

Die Liste des Grauens wurde nach längerer Zeit mal wieder ergänzt.

Dienstag: Auch die letzten dürften inzwischen mitbekommen haben, dass der Papst gestorben ist, daher erscheinen weitere Meldungen, Brennpunkte und mediale Trauerbekundungen entbehrlich. Wenngleich weiterhin viele Menschen aus ihrem Glauben Halt und Hoffnung schöpfen, sollte nicht vergessen werden: Der Papst ist oberster Repräsentant eines weltweiten Konzerns, der auf Grundlage uralter, zweifelhafter Überlieferungen viel Leid und Schmerz über die Menschen gebracht hat.

Im Übrigen war der erste Arbeitstag der Woche wenig montäglich. Er endete spät, weil eine Besprechung um eine halbe Stunde überzogen wurde und ich davon absah, zum vorgesehenen Ende die Runde zu verlassen; ich bin einfach zu nett. Angenehme Fußwege hin und zurück. Da auf dem Rückweg die Sonne schien, erlag ich den Verlockungen der Außengastronomie und entschädigte mich für den späten Feierabend.

Weg ins Werk
Detail am Wegesrand

Mittwoch: Heute war Gelegenheit, den großen bunten Regenschirm zu benutzen, den mir meine Lieben mal zum Geburtstag geschenkt haben, da es sowohl morgens als auch feierabends regnete und daher die Stadtbahn das Verkehrsmittel der Wahl war. Die fuhr jeweils pünktlich und war osterferienmäßig unvoll, das gerne mal loben bei allem Gezeter in der Welt (und oft genug auch in diesem Blog, ich weiß).

Vom Schreibtisch aus schaute ich der Meteorologie bei der Arbeit zu, wie sie von Südwesten dunkles Gewölk über den Venusberg schob und über der Stadt abregnen ließ, einmal war leichtes Donnergrollen zu vernehmen. Gearbeitet habe ich selbstverständlich auch, seit gestern Nachmittag mit Windows 11, auf das mein Rechner apgedäitet … geapdäitet* … na Sie wissen schon wurde. Noch ein wenig gewöhnungsbedürftig, das wird schon. Jedenfalls stört es mich nicht so sehr wie einen Kollegen, der unschöne Worte dafür gebraucht, die Ihnen erspart seien.

*Ja ich weiß, selbstverständlich schreibt man upgedatet. Ab sofort halte ich es damit wie Frau Anje: „… aber wie sonst sollen neue Wörter entstehen, die man nicht sofort als geklaut erkennt?“

Nachmittags verspürte ich Appetit auf Süßes. Hierfür liegen noch mehrere Marzipanbrote und Nougat-Marzipan-Riegel aus der letzten Weihnachtszeit in meiner Schreibtischschublade, was bemerkenswert ist, in früheren Jahren wären die spätestens im Februar vollständig vertilgt gewesen. Vielleicht ist der verminderte Zuckerdrang eine weitere Altersbegleiterscheinung, wenn ja, wohl nicht die schlechteste. Heute jedenfalls gelüstete es mich danach, nur ein halbes, den Rest später. Daraus wurde dann in kürzester Zeit doch ein ganzes. Reicht jetzt aber auch erstmal wieder.

Aus der Zeitung: In einem Artikel über in örtlichen Gewässern entsorgte Heimtiere beklagen Experten ausgesetzte Rot- und Gelbwangen-Schmuckschildkröten, die »den heimischen Landschildkröten […] großen Schaden zufügten«. Heimische Landschildkröten im Rheinland, überhaupt in Deutschland? Da hat der Reporter wohl nicht richtig zugehört.

Ein echter Experte auch Herr Dr. Uwe H. aus Bonn. In seinem Leserbrief nimmt er Bezug auf einen Artikel aus der vergangenen Woche, wonach die Stadt Bonn einem Oldtimer-Club aus Mehlem untersagt hat, ihre historischen Autos nach einer traditionellen Landpartie der Öffentlichkeit im Park einer Villa zu präsentieren, weil es dadurch zu Bodenverdichtung und Verunreinigungen durch auslaufendes Öl kommen könnte. Die Entscheidung der Stadt möchte ich hier nicht bewerten, Herr Dr. H. weiß hingegen: »Die Besucher [der Villa früher, Anm. d. Chronisten] mit Auto suchten sich einen Platz im Park. Das sind meines Erachtens die Wurzeln des Wortes „Parkplatz“ und des „Parkens“«. Die Akademiker sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Donnerstag: Diese Woche ist Kleine Woche, also wäre heute planmäßig frei gewesen. Da sie schon durch den Ostermontag nur vier Arbeitstage aufweist, verzichtete ich auf den freien Tag und spare mir die Stunden für später auf, zumal auf diese Woche zwei Wochen Urlaub folgen. Spare in (bzw. an) der Zeit, dann hast du in der Not, wie die Oma wusste.

Auch heute regnete es die meiste Zeit, freundlicherweise morgens nicht und abends nur leicht, so dass ich zu Fuß trocken ins Werk und zurück kam. Zurück nur einigermaßen trocken, nicht weil wieder die Gastronomie lockte, vielmehr waren bei Rückkehr trotz Schirm die Socken an den Fußspitzen feucht, als hätte ich Sandalen statt Turnschuhe* getragen. Offenbar nicht die richtigen für Leichtregen. Auf dem Hinweg sah ich am Rheinufer den Monteurwagen eines Unternehmens mit dem Namen „Pipe Protection“, dessen Profession demnach in der Wartung von Leitungen liegt. Wäre es meine Firma, hieße sie vielleicht „Rohrsorge“.

*Für die Jüngeren: Snieker.

Die Arztrechnung für die Zahnziehung kürzlich ist gekommen. Demnach kostet die „Entfernung eines tief frakturierten/zerstörten Zahnes“ 34,93 Euro. Da kann man nicht meckern, dafür kann man es nicht selbst machen.

Morgens

Freitag: Der letzte Arbeitstag vor dem Urlaub war nochmal für einen Freitag ungewöhnlich reich an Besprechungen, dennoch gelang es, die anstehenden Angelegenheiten zu erledigen oder wenigstens in einen Zustand zu versetzen, der es erlaubt, sich ihnen mit gutem Gewissen erst nach dem Urlaub wieder zu widmen.

Der Regen ist durch, ab dem Nachmittag schien wieder die Sonne, die erste Flasche Schaumwein geöffnet, gleichsam ein Vorgeschmack: Die Koffer sind gepackt, morgens früh geht es los in die Champagne. Vorfreude streichelt das Gemüt.

Samstag: In nicht allzu früher Morgenstunde brachen wir auf nach Épernay, wo wir am späten Nachmittag ankamen. Die Anfahrt verlief äußerst entspannt durch die Eifel und Belgien unter Vermeidung von Autobahnen, so sieht man wesentlich mehr, auch wenn es länger dauert, vor allem wenn man mehrfach hinter Traktorgespannen herfährt, ehe man sie überholen kann. Wir haben ja Zeit.

Bei Ankunft im Hotel etwas außerhalb des Ortes wurde als erstes ein Glas ortsüblichen Schaumweins gereicht. Wir fühlten uns sogleich willkommen geheißen.

Sonntag: Am ersten Urlaubstag unternahmen wir eine Ausfahrt ins nahegelegene Reims. Am Weg dorthin lag ein Leclerc-Supermarkt, der, wie in Frankreich üblich, auch sonntags geöffnet ist. Daher ließ es sich der Liebste nicht nehmen, dort einen Halt einzulegen. Das erwies sich als erträglich, da der Markt nur mäßig besucht war.

In Reims besichtigten wir die örtliche Kathedrale, die (wenigstens mich) vor allem durch ihre bunten Fenster beeindruckt. Ansonsten gilt, was für alle derartigen Bauten gilt: Man muss der Kirche nicht nahestehen, um die Leistung zu würdigen, derartiges zu bauen, erst recht mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln.

Anschließend besichtigten wir den Keller von Pommery. Über 136 Treppenstufen steigt man hinab und durchschreitet ziemlich dunkle Gänge, in denen neben unzähligen Champagnerflaschen in allen gängigen Größen zahlreiche Kunstwerke zu sehen sind, die mit der Schaumweinkellerei in keinem erkennbaren Zusammenhang stehen und aus meiner unmaßgeblichen Sicht dort entbehrlich sind. Immerhin bekommt man, nachdem man die 136 Stufen wieder aufgestiegen ist, ein Gläschen eingeschenkt. Insgesamt erschien es mir ziemlich teuer für das Gebotene, muss man nicht unbedingt machen. Zurück fuhren wir über die Dörfer, in denen bekannte große Champagner-Produzenten ihre Residenzen haben.

Apropos Schaumwein: Schaumloser Wein heißt Stillwein, erklärte der Liebste, der es wissen muss. Stillwein – da bekommt das Wort „stillen“ eine neue Bedeutung.

Unser Hotel, Teilansicht
ÖPNV in Reims
Kathedrale ebendort
Reims
Keller von Pommery
Drogenanbau bei Bouzy

(Aufgrund später Rückkehr von den vorgenannten Tagesaktivitäten entstand dieser Tageseintrag unter Zeitdruck, die Schlussredaktion für diesen Wochenrückblick erfolgte unter leichtem Alkoholeinfluss. Etwaige Fehler und sonstige Nachlässigkeiten bitte ich zu entschuldigen.)

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Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche.

Woche 6/2022: Gehen, Grünkohl und Glück

Montag: Morgenstund’ hat Gold im Mund und Erdogan hat Omikron, mit milden Symptomen. So steht auch mal was positives über ihn in der Zeitung.

Wie ich erst heute las, war bereits am vergangenen Freitag „Tag des Zustellers“, an dem der geneigte Empfänger aufgerufen war, seinem Post- und Paketboten Dank und Lob entgegen zu bringen. Man sollte ohnehin viel öfter loben, nicht nur die Zustellkraft an dafür festgelegten Tagen; stattdessen nur Gemotze und Gezeter, wenn mal etwas nicht funktioniert. – Anders in Amerika: Dort werden – ebenfalls heute gelesen – Paketzusteller per Zettel am Klingelschild dazu aufgefordert, vor der Türkamera zu tanzen, auf dass es anschließend bei TikTok hochgeladen wird. Die meisten Boten folgen der Aufforderung, da ihnen bei Weigerung eine schlechte Bewertung droht. Ich weiß nicht, ob die amerikanische Verfassung etwas vergleichbares enthält wie Artikel 1 Absatz 1 des deutschen Grundgesetzes, jedenfalls erscheint die Unantastbarkeit der Menschenwürde hier fraglich.

Dienstag: Was Sie vielleicht auch noch nicht wussten: Heute vor hundert Jahren gelang erst­mals der expe­rimen­telle Nach­weis der Richtungs­quante­lung von Drehimpulsen, schreibt Wikipedia.

Dem Glücklichen schlägt bekanntlich keine Stund. Ob überschäumendes Glück jemandes Anlass war, an einer Bonner Bushaltestelle diese Wanduhr zu hinterlassen, war nicht in Erfahrung zu bringen.

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Mittwoch: Der Tag war ein wenig kopflastig, denn er begann mit einem (schmerzfreien) Zahnarztbesuch zur planmäßigen Esszimmerreinigung und endete mit einem Friseurtermin (ebenfalls weitgehend schmerzfrei).

Ein leichtes Stimmungstief am Abend wurde mit Döner gelindert. Satz des Abends: „Ich bin lieb, du hast nur eine andere Auffassung von lieb.“

In Bonn und anderen rheinischen Städten werden demnächst Bereiche festgelegt, in denen unter bestimmten Auflagen, wie Alkoholverbot, demnächst Karneval gefeiert werden darf; für diese Bereiche wurde das schöne Wort „Brauchtumszonen“* ersonnen. Na dann Alaaf.

Ansonsten Vorfreude meinerseits, denn morgen ist schon wieder Donners- und somit Zufußinswerkgehtag.

*Lesen Sie dazu bitte auch hier.

Donnerstag: Mittags gab es in der Kantine Grünkohl. Bitte denken Sie sich hierzu das entsprechende Foto eines Dreikammer-Mitnahmegefäßes mit Kartoffeln, Grünkohl, einer Mettwurst und Senf darin. Gehen, Grünkohl und Glück – es kann kein Zufall sein, dass diese Wörter denselben Anfangsbuchstaben haben.

Der Radiosender WDR 4* spielt ab heute achtzig Stunden lang Achtziger-Hits. In der Weinbar unseres Vertrauens war letzthin** Achtziger-Abend, ein Plattenleger legte entsprechende Schallplatten (richtige aus Vinyl) auf. Anscheinend erfreut sich diese Epoche, zumindest in musikalischer Hinsicht, gerade großer Beliebtheit, was daran liegen mag, dass die Programmgestalter, wie ich, in jener Zeit die Stürme ihrer Jugend erlebten, daher kann ich das gut verstehen und freue mich darüber. Vielleicht sollte ich über die Achtziger demnächst mal einen längeren Aufsatz verfassen. (Während der Niederschrift vorstehender Zeilen spielten sie Shakin‘ Stevens, auch in den Achtzigerjahren war nicht alles toll, aber mir allemal lieber als heute Max Giesinger.)

*WDR 4 war in den heute besungenen Achtzigern ein absolut unerträglicher Schlagerdudelstörsender, ich erwähnte es vor einiger Zeit schon. So ändern sich die Zeiten.

**Es freut mich sehr, aus Gründen, die Sie hier auf jeden Fall nachlesen sollten, erst- und sicher nicht letztmals dieses Wort zu gebrauchen. Herzlichen Dank, liebe N., für die Widmung!

Freitag: Mittags auf dem Weg in die Kantine sah ich die ersten Krokusse … Kroken? Kroki? Sie wissen schon, diese gelben Stehglöckchen, auf Wunsch auch in weiteren Farben erhältlich, die heute waren jedenfalls gelb, krokusgelb. Auch nach all den Jahren immer wieder beruhigend, wenn das Leben draußen erneut erwacht.

Abends beim Laufen fiel etwa einen Meter vor mir ein Vogelschiss zu Boden. Ähnliches passierte mir bereits oft im Leben, augenscheinlich ist mein Schutzengel ganz brauchbar.

Während sich meine Lieben später wegen irgendwas zankten, las ich bei Frau Anje den Satz »lächle, du kannst sie nicht alle töten« – und lächelte.

Samstag: »Mama hebt Kaffeegläser auf für‘n Gelee / Du bist schon ewig in der IG Chemie«, sang Klaus Lage in den Achtzigern. Ein wahres Kleinod deutscher Liedtextdichtung, nur knapp erreicht von Giesingers »Wenn wir uns begegnen / dann leuchten wir auf wie Kometen«.

Sonntag: Laut unserer Rechtsordnung dürfen bereits Jugendliche ab vierzehn Jahren alkoholische Getränke zu sich nehmen, vorausgesetzt, ihre Eltern sind dabei. Das nennt man dann „begleitetes Trinken“, das habe ich mir nicht ausgedacht.

Selbstverständlich sollte auch das „mit Augenmaß“ erfolgen, ein weiterer Begriff, den man häufig liest und hört, der gleichwohl bei genauerer Betrachtung unsinnig ist. Was soll dabei herauskommen, wenn man mit den Augen misst? Doch bevor ich mich in weiteren Haarspaltereien verliere, sei dieser Wochenrückblick beendet.

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Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Start in eine neue, möglichst schmerzfreie Woche.