Kritik der Digitale

In diesen Tagen treffen sich in Berlin rund achttausend Menschen zur re:publica, der alljährlichen heiligen Messe der Digitalgemeinde. Ich war noch niemals dort, und die Wahrscheinlichkeit ist äußerst gering, dass sich daran jemals etwas ändern wird, beim besten Willen wüsste ich nicht, was ich dort soll. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, keineswegs entziehe ich mich der Digitalisierung (sonst könnten Sie diese Zeilen hier gar nicht lesen), indes beschleicht mich eine zunehmende Skepsis gegenüber ihrer allgegenwärtigen Vergötterung und Heiligsprechung.

Für fast alles gibt es heute eine App, die Zimmerbeleuchtung lässt sich nur noch mit Hilfe des Smartphones ein- und ausschalten, die Klospülung reagiert geruchsabhängig, Kühlschränke bestellen automatisch nach, wenn das Dosenbier alle ist, und Autos fahren demnächst autonom, womit der Begriff „Automobil“ erst so richtig seine Bedeutung entfaltet. Zum Glück wird das Analoge voraussichtlich dennoch nicht völlig verdrängt werden, oder können Sie sich vorstellen, digital zu küssen, zu lieben, ein Trüffeloemlette zu genießen, den Duft von Flieder oder frisch gemähtem Gras aufzunehmen?

Der SPIEGEL veröffentlichte hierzu kürzlich einen bemerkenswerten Artikel von Harald Welzer. Auch wenn ich nicht mit allen Thesen des Verfassers übereinstimme: Die Idee, die staatlichen und gewerblichen Datenhaie gezielt und systematisch zu überfüttern, finde ich ausgesprochen reizvoll.

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So, nun gehen Sie bitte nach draußen, die Sonne scheint heute herrlich. Ach Sie sind schon draußen? Dann stecken Sie dieses Ding weg und genießen Sie ein kühles Getränk im nächsten Biergarten. Oder laufen Sie wenigstens nicht gegen eine Laterne.