Woche 51/2023: Besinnliches Austrinken und Feierpflichten

Montag: Jeden Montagmorgen freue ich mich auf »Lükes Blick in die Woche« im General-Anzeiger, in der Herr Lüke stets eine kleine, lesenswerte Vorschau auf die zu erwartenden Ereignisse der nächsten Tage hält. Heute mit einer kleinen Gräte im Fisch: In einer ansonsten sprachlich geschliffenen Kolumne möchte ich nicht das Wort „lohnenswert“ lesen. Sonst im Übrigen auch nicht.

Was ich auch nicht lesen mochte, in diesem Fall mehr als vierzig Kollegen vermutlich ebenfalls nicht, war eine Mail mit dem alleinigen Inhalt „Danke“ als Antwort auf eine Nachricht des Chefs an die gesamte Abteilung, weil der Absender ohne nachzudenken auf „Allen antworten“ geklickt hatte. Hier kam meine extra für solche Fälle angelegte Mailsignatur zum Einsatz mit dem festen Text »Musste das wirklich an alle gehen?« und dem Zusatz »Bitte denken Sie an die Zeit und den Maileingang Ihrer Kollegen, bevor Sie „Allen antworten“ wählen«. Selbstverständlich schickte ich die Mail nur an den Absender, nicht an alle. Immerhin, er reagierte einsichtig.

Nicht nachgedacht hat offenbar auch die Verfasserin des Wortes „Krankenstandslevel“ in einer internen Mitteilung.

In letzter Zeit erhalte ich privat auffallend viele Mailnachrichten von mir unbekannten Damen mit Kopulationsbedarf. Liebe Damen, ich fürchte, nicht Ihrer Zielgruppe anzugehören. Gleichwohl werde ich Ihre Meldungen im Auge behalten. Vielleicht ist ja mal die richtige dabei.

Nebenwirkungen der Besinnlichkeit

Dienstag: Der Papst lässt eine gewisse Offenheit gegenüber der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare erkennen, solange jede Ähnlichkeit mit der herkömmlichen Ehe ausgeschlossen ist. Hierzu heißt es in der Erklärung über die pastorale Sinngebung von Segnungen: »Jeder Mensch, auch wenn er in Situationen lebt, die nicht dem Plan des Schöpfers entsprechen, besitzt positive Elemente, für die er den Herrn loben kann.« Keine zwei Wochen vor 2024. Obwohl es mich nicht betrifft, weil ich der Katholischen Kirche in etwa so nahe stehe wie dem Deutschen Fußballbund oder Al Kaida, bin ich mir unsicher, ob ich darüber Belustigung oder Wut empfinde.

Werbung ist oft rätselhaft

Mittwoch: Nachdem die Bundesregierung den Wegfall der Kaufprämie für Elektroautos beschlossen hat, erklärt Volkswagen, die Prämie in voller Höhe selbst zu übernehmen. Ähnliches verkündete Tesla. Das ist sehr großzügig, außerdem bemerkenswert: Zeigt es doch, dass wir alle, die mit oder ohne Autoerwerbsabsichten brav ihre Steuern zahlen, das bis Ende vergangener Woche auch zur Mehrung des VW-EBIT (und Sicherung der Manager-Boni) getan haben.

Bemerkenswert auch der Anruf des IT-Dienstleisters am frühen Nachmittag. Vorab zur Erklärung: Mein dienstlicher Rechner soll turnusmäßig getauscht werden. Das sollte bereits am vergangenen Mittwoch geschehen, ging aber nicht, weil der Rechner noch nicht an den Dienstleister, der den Tausch vornimmt, geliefert war. Dies teilte mir der Mitarbeiter des Dienstleisters, nennen wir ihn A, am Dienstag vergangener Woche telefonisch mit; sobald der Rechner geliefert sei, melde er sich wegen eines neuen Termins. So weit, so gut und unproblematisch, da der alte Rechner noch einwandfrei läuft.

Heute nun der Anruf, der ungefähr so ablief: Anrufer (nennen wir ihn B): „Hallo, hier ist B von <Dienstleister>, ich bin der Vertreter von A und rufe an wegen Ihres Rechners, ich soll einen Termin mit Ihnen machen.“ – Ich: „Das ist gut. Der neue Rechner wurde also inzwischen geliefert.“ – B: „Das weiß ich nicht …“ – Ich: „Deswegen wurde der Termin letzte Woche ja verschoben, weil der Rechner noch nicht geliefert wurde.“ – B: „Ah so …“ – Ich: „Für einen neuen Termin wäre es ja durchaus sinnvoll, wenn der Rechner inzwischen da wäre, nicht?“ – B: „Ja, da haben Sie recht. Ich frage nochmal nach und melde mich wieder.“ Offenbar ein echter Profi.

Donnerstag: Abends trafen wir uns mit einer Sektion der Karnevalsgesellschaft auf dem Weihnachtsmarkt, derweil Sturmtief Zoltan zürnte. Nicht schlimm, für uns war ein Tisch reserviert im Hinterzimmer einer Budengaststätte ungefähr von der Größe unserer Küche, nur voller Menschen, wohingegen größere Menschenansammlungen in unserer Küche seit mehreren Jahren nicht mehr vorkommen, was keineswegs zu beklagen ist. Neben uns in der Stube traf sich eine etwa dreißigköpfige Gruppierung eines anderen Bonner Karnevalsvereins, zu deren Zugangsvoraussetzungen offenbar gehört, eine Sprechstimme von mindestens hundertzwanzig Dezibel vorzuweisen. Mit anderen Worten: Es war unangenehm laut. Mit zunehmendem Alter behagt es mir immer weniger, mich in geschlossenen Räumen aufzuhalten, wo mehr als zehn Personen durcheinander reden. Erst recht, wenn dazu laute Musik, schlimmstenfalls Livemusik gespielt wird, wovon heute Abend zum Glück abgesehen wurde.

Jedenfalls rennt sie, wohin auch immer

Freitag: Auch am für mich letzten Arbeitstag des Jahres ließen sich Besprechungen nicht vermeiden. In einer sagte eine: „Ich wollte es nur mal gesagt haben.“ Womit das Grundproblem vieler Besprechungen auf den Punkt gebracht ist.

Samstag: Die meiste Zeit des Tages verbrachte ich in Gaststätten. Zuerst spontan mit den Lieben zum Frühstück im Café. Direkt danach mit Freunden zum „Austrinken“ ins Wirtshaus nebenan, das heute seinen letzten Tag hatte und danach für immer den Zapfhahn abdreht, deshalb „Austrinken“. Im Anschluss mit denselben Freunden auf (wirklich nur) ein Glas in die Weinbar gegenüber. Abends schließlich wieder mit den Lieben gegessen im Restaurant neben der Weinbar. So ein Hedonistenleben ist nicht immer leicht. Immerhin: Wenn die Gastronomie über Umsatzeinbußen klagt, ist mir das somit nicht anzulasten.

Ansonsten freute ich mich sehr über eine erhaltene Weihnachtskarte.

Die Briefkästen muss der Postbote selbst finden

Sonntag: Auch heute frühstückten wir im Café, einem anderen als gestern. Nicht spontan, vielmehr bereits vor Wochen reserviert. Auch dort war es sehr laut, vor allem eine auf mehrere Tische verteilte größere Gesellschaft neben uns mit drei lebhaften Kindern. Ich werfe ihnen das nicht vor; wer in Ruhe frühstücken möchte, bleibt am besten zu Hause, so einfach ist das. Leider war unser Appetit heute Vormittag noch nicht sehr ausgeprägt, daher ging einiges zurück. Mir tut das immer sehr leid, doch ist es nicht zu ändern. Die Gesellschaft nebenan traf daran keine Schuld.

Nach dem Frühstück unternahm ich einen Spaziergang an den Rhein, der im Bonner Norden bereits wieder Teile der Uferpromenade überspült. Für die kommenden Tage ist noch mehr angekündigt.

Heute ist sowohl der Vierte Advent als auch Heiligabend. Vielfach war in den vergangenen Wochen Klage zu hören, dadurch gingen uns einige Tage verloren. Die derart Klagenden können beruhigt sein: Auch dieses Jahr wird zuverlässig erst nach dreihundertfünfundsechzig Tagen beendet sein, darauf können Sie sich verlassen.

Aufgrund von Feierpflichten ab dem Nachmittag musste dieser Wochenrückblick bereits frühzeitig abgeschlossen werden. Sollten sich im Laufe des Tages noch Erwähnenswertigkeiten ergeben, werden diese gegebenenfalls in der kommenden Woche nachgereicht.

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Ich wünsche Ihnen schöne Weihnachtstage mit reichlich Geschenken, falls sie auf sowas Wert legen, eine angenehme, im Idealfall arbeitsfreie Woche und, wenn wir uns vorher nicht mehr lesen, einen guten Start ins neue Jahr.

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