Woche 35: Perlen der Poesie

Montag: Beim Abendglas auf dem Balkon frage ich mich, warum so viele Menschen auf diesen Sommer schimpfen. – „Make More Happen“, so die gleichfalls rätselhafte Schlussformel der Radioreklame eines Schreibwarenlieferanten.

Dienstag: Wahre Perlen der Poesie verbergen sich oft, von der kulturell interessieren Öffentlichkeit unbemerkt, im olfaktorisch herausfordernden Umfeld betriebsinterner Bedürfniseinrichtungen.

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Mittwoch: Wer hat bahnreisenden Menschen eigentlich eingeredet, es sei akzeptabel, die Füße auf dem Sitz gegenüber abzulegen, wenn man sich zuvor seiner Schuhe entledigt hat?

Donnerstag: Je lauter die Lache desto Arschloch. Alte Businessregel.

Freitag: Ebenso herzerfrischend wie Luftgitarre spielen oder Dirigieren zu einer Symphonie vom Plattenspieler ist das stumme Mitsingen der Kopfhörerbegleitmusik beim Laufen. An die irritierten Blicke entgegenkommender Passanten gewöhnt man sich.

Samstag: Die Presse schafft es immer wieder, durch Bilder zu irritieren. Ein Klassiker ist der Olympiasieger, der aus unerfindlichen Gründen dazu genötigt wird, auf seiner Goldmedaille herumzukauen. Wozu, und warum immer wieder? Kein Mensch würde je freiwillig in eine Goldmedaille oder andere Gegenstände von ähnlich geringer Bekömmlichkeit seine Zähne treiben. Heute hinterließ der Bonner General-Anzeiger mit der Bebilderung eines Artikels über kostenpflichtige Schwimmbadparkplätze mindestens ein fragendes Gesicht, nämlich meins:

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Was will uns der Bildautor damit sagen? Beträgt die Nutzungsgebühr eines Parkplatzes etwa achtzig Euro, und ist der Nutzer gehalten, diese in bar zu entrichten, indem er sie nach Verlassen des Parkplatzes einfach dort ablegt?

Sonntag: „Ein Tagebuch erlaubt formale Mogeleien sämtlicher Art. Es ist die freieste literarische Form, die es gibt.“ (Max Goldt, Wenn man einen weißen Anzug hat“)

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