Diskurs

Urlaub zu haben bedeutet nicht, nicht zu schreiben, auch wenn mir im Moment nichts von allgemeinem Interesse einfällt. Aber das sind Sie ja von mir gewöhnt. Aufgrund mangelhafter Netzanbindung unseres Ferienhauses bekomme ich auch wenig vom allgemeinen Weltgeschehen mit, auf welches ich mich beziehen könnte. Klar, in allen Kneipen und Cafés stehen Fernseher zur Übertragung der großen FIFA-Werbeveranstaltung, aber wen interessiert das schon. Die SPIEGEL-App brachte die Tage eine Meldung über den Zusammenstoß zweier Militärflugzeuge in den Sperrbildschirm meines iPhones, doch fehlte mir in dem Moment die Lust, die Meldung zu öffnen, nur um nach endlosem Betrachten des Warterädchens (oder wie dieses Dings heißt) womöglich so etwas zu lesen wie „Mehr dazu demnächst auf SPIEGEL Online“, und wieder ein sinnloser „Klick“ mehr. Heute wird ja fast alles nur noch in Anzahl „Klicks“ oder „Likes“ gemessen, so banal oder sinnlos der Gegenstand der Betrachtung auch ist.

Das ist das schöne an diesem Blog, das kaum gelesen wird: ich kann hier schreiben was ich will, ohne von einer Welle der Empörung, einem „shitstorm“ erfasst zu werden. So könnte ich zum Beispiel die These vertreten, Sex mit Kindern gehöre dringend legalisiert, ohne dass irgendetwas passieren würde. (Halt, halt, nur die Ruhe, falls Sie dies doch versehentlich lesen und mir nun die Polizei ins Haus schicken wollen: selbstverständlich vertrete ich diese These nicht, es war nur ein an den Haaren herbeigezogenes Beispiel, genau so hätte ich einen Hitlervergleich mit dem Papst anstellen können. Gut, das mit den Kindern ist abwegiger. Und vielleicht ist so ein Fäkalorkan ja mal eine interessante Erfahrung.)

Stichwort Kinder: Es gibt Bestrebungen, Grundschüler künftig nicht mehr die Schreibschrift zu lehren, und keiner regt sich darüber auf. Das finde ich bedenklich, hiermit geht ein Stück Kultur verloren, bald können dann nur noch Historiker ein Poesiealbum entziffern, so wie heute kaum noch jemand unter achtzig Omas in Sütterlin-Schrift verfasste Erotikgedichte zu lesen vermag. Dabei ist das nur konsequent: Wer ist heute noch darauf angewiesen, etwas mit der Hand zu schreiben? Auch dieser Text entstand ohne Papier und Stift, den Einkaufszettel tippt oder spricht man ins Smartphone (interessanterweise kennt das iPad das Wort „Smartphone“ nicht und macht eine rote Strichellinie darunter, „Strichellinie“ kennt es auch nicht; vielleicht braucht man die Schreibschrift doch noch), und für alles andere gibt es das Internet.

Wo sie schon dabei sind, sollten sie auch das Lesen und Kopfrechnen aus dem Lehrplan streichen: alles wissenswerte findet sich heutzutage bei Youtube (beziehungsweise -porn), jedes einfache Mobiltelefon verfügt über einen Taschenrechner, den Rest kann man Siri fragen oder die NSA. Möglicherweise entsteht dazu bald ein öffentlicher Diskurs, auch so ein Wort, das man immer häufiger lesen muss. Es gibt so Wörter, die werden mir mit wachsender Vorkommenshäufigkeit (

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