Montag: Laut Zeitungsbericht beklagt die Bonner CDU-Fraktion, dass die neuen Sitzbänke an der Poppelsdorfer Allee nicht zu den bisherigen passen. Ist es nicht herrlich, in einem Land zu leben, wo es derartige Probleme in die Tageszeitung schaffen?
Eher ein Contrablem: Die letzte Etappe der Tagungstournee führte nach Buch am Ammersee, wo der Arbeitgeber direkt am Seeufer eine Tagungsstätte mit eigenem Badesteg betreibt. Vormittags wurde ich zu Hause abgeholt, nachmittags kamen wir an. Nach Ankunft ging es auf den Steg, wo erste kühle Getränke gereicht wurden. Zwei, die im Gegensatz zu mir an Badebekleidung gedacht hatten, schwammen eine Runde, derweil ich mich damit begnügte, die Füße ins angenehm temperierte Wasser zu legen. Es gibt wahrlich Unangenehmeres.



Dienstag: Vormittags trafen nach und nach die Teilnehmer ein. Mit dem Programm waren wir am Nachmittag eine Stunde vor Plan durch, vielleicht weil es die Leute nach draußen zog anstatt durch das Äußern von Fragen und deren Beantwortung unnötig lange im Tagungsraum zu verbleiben. Wer wollte es ihnen verdenken.


Anschließend unternahm ich einen Spaziergang am Seeufer entlang bis Breitbrunn, zurück durch die Fluren. Bei Rückkehr saßen die ersten Kollegen schon wieder mit Getränken auf dem Steg. Aus Höflichkeitsgründen trank ich eins mit, zog mich danach aus Sicherheitsgründen bis zum Abendessen in mein Zimmer zurück, wo diese Notiz entstand.



Der Tag endete gesellig.
Mittwoch: Auch heute endete das Programm gut eine Stunde vor Plan, deshalb machten wir uns direkt nach dem Mittagessen auf den Rückweg. Fast fiel der Abschied schwer, weil es ein wirklich schöner Ort ist, an dem eine Woche Urlaub zu verbringen kein völlig abwegiger Gedanke ist.
Während der Fahrt holte ich Leserückstände auf, unterbrochen von einem Schreckmoment, als kurz vor uns ein polnischer LKW ohne Rücksicht und offensichtlich ohne Hirn auf die linke Fahrspur wechselte, um seinerseits einen LKW zu überholen und dadurch unseren Fahrer zu einer dramatischen Bremsung zwang. Das war knapp und wir waren anschließend sehr wach.
Donnerstag: Heute ist der fünfte, deshalb ist alles Wesentliche zum Tage hier nachzulesen.
Freitag: Kurz nachdem ich morgens das Haus verlassen hatte, fand ich auf einer Rasenfläche am Ende der Straße etwa ein Dutzend verstreuter Briefe vor. Als bekennender Brieffreund schaute ich sie mir genauer an: Sie mussten schon länger dort gelegen haben, waren durchfeuchtet und kleine Nacktschnecken hatten sich ihrer bereits angenommen. Da sie alle an denselben Empfänger gerichtet waren, der in unmittelbarer Nähe wohnt, sammelte ich sie auf und warf sie in seinen äußerlich unbeschädigten Briefkasten ein. Wieder etwas, bei dem man sich fragt, wie es sich zugetragen haben mag.
Während des Aufsammelns der Briefe trat ich in einen Hundehaufen, was mich zu einem leisen Fluch veranlasste. Auf dem weiteren Fußweg ins Werk versuchte ich, die Schuhsohle mithilfe von Pfützen und Grasflächen am Rheinufer zu reinigen. Offenbar erfolgreich, nach Ankunft im Büro war nichts mehr zu riechen. Jedenfalls ließ sich die Kollegin am Schreibtisch gegenüber nichts anmerken.

Samstag: Vielleicht kennen Sie die Diskussion zwischen Loriots Knollennasen-Eheleuten über den Frühstücksei-Härtegrad. Ähnliches begab sich morgens auf unserem Balkon: „Willst du noch ein Brötchen?“ – „Ja.“ – „Mit Mohn oder ohne?“ – „Mit Sesam.“ – „Haben wir nicht.“ – „Warum fragst du dann?“
Aus der Tageszeitung: „Donald Trumps Verteidiger versuchten, den neuen Fahrplan für den historischen Strafprozess gegen den Ex-Präsidenten zu entgleisen, bevor die Bundesrichterin ihn verkündete.“
Gelesen im Kieselblog: »Wenn ich mal Chef bin, dann erstelle ich eine „Tu-Du!“-Liste.«
Abends besuchten der Liebste und ich nach ich weiß nicht wie vielen Jahren Pützchens Markt, die große Kirmes auf der anderen Rheinseite. Bei Ankunft war es noch nicht allzu voll, daher erträglich. Auf Anregung des Liebsten fuhren wir mit dem Riesenrad. Das war bemerkenswert, da er Höhe gegenüber üblicherweise eine gewisse Skepsis hegt. Mir hat es Spaß gemacht und er hat tapfer durchgehalten. Andere Fahrgeschäfte, in denen man mit hoher Geschwindigkeit umhergeschleudert wird oder im freien Fall zu Boden rast, betrachteten wir mit gewissem Schauder. So viel Geld könnte man mir nicht zahlen, dass ich da ohne Vollnarkose einsteigen würde. Später hatte es sich deutlich gefüllt, in Verbindung mit der kirmesüblichen Beschallung von allen Seiten wurde es etwas anstrengend. Somit ist mein Rummelbedarf erstmal wieder für einige Jahre gedeckt.


Sonntag: Der Sonntagsspaziergang hatte heute ein konkretes Ziel, nämlich die Atelierbühne in Bonn-Beuel, wo ich als TapetenPoet wieder was vorlesen durfte. Es gab noch freie Plätze, doch waren mehr Zuhörer gekommen als ich wegen Pützchens Markt erwartet hätte. Dafür vielen Dank an das Publikum, die Mitlesenden und vor allem den Organisator. Ich komme gerne wieder.
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Kommen Sie gut durch die Woche.
