Montag: Zurück in der Wirklichkeit. Der erste Arbeitstag nach dem Urlaub erinnert stets ein wenig an den ersten Schultag früher nach den Sommerferien: Man kommt an, sieht die Mitschüler beziehungsweise Kollegen wieder, wie wars, schön. Man sichtet hier, schaut da, plaudert dort, inhaltlich passiert nicht viel, es erwartet auch niemand sofortige Höchstleistung, komm erstmal wieder an, sagen sie. Wesentlicher Unterschied zum ersten Schultag: Ich konnte nicht schon mittags nach Hause gehen.
Aus einer der nicht übermäßig vielen Mails: „(Wir sollten das) noch einmal taylorn. […] Ich freue mich!“ Die Freude ist ganz seinerseits.
Im Pressespiegel ein Artikel des geschätzten Premium-Mediums Der Westen online. Darin dieser Satz: „Der neue Service […] verspricht einige positive Verbesserungen.“
Zum Abendbrot wurde Rosé gereicht. Insgesamt war der Tag für einen Nachurlaubsmontag gar nicht so schlecht.
Dienstag: Morgens während des Fußwegs ins Werk sah ich Aufkleber mit dem Wort „Kumpelspaß“ an Lampenpfählen. Was genau das zu bedeuten hat, erschloss sich nicht, es könnte auch ein Filmchentitel bei XHamster.de sein. Andere Aufkleber richten sich gegen die AfD. Leider lösen Aufkleber im öffentlichen Raum keine Probleme. Genauso wenig wie die AfD welche lösen wird, wenn sie irgendwann an die Macht kommt. (Mein Optimismus reicht nicht aus, den vorstehenden Satz im Konjunktiv zu formulieren.)

„In Hamburg ist Liebe einfach Liebe — Weil wir Hamburg sind“, verkündet ein Plakat. Darauf zwei augenscheinlich in inniger Zuneigung verbundene Kumpel und ein Herzchen in Regenbogenfarben. Auch hier wird nicht unmittelbar deutlich, wofür es wirbt, zumal der Hanseat an sich nicht als besonders warmherzig gilt.
Frau Kaltmamsell schreibt von „urlaubigem Blödschaun“, das gefällt mir, rückblickend auf die Liegestuhlfaulheit der letzten zwei Wochen, ausgesprochen gut.
Im Kieselblog ist zu lesen: „Häufig wiederhole ich mich hier im Blog. Das liegt daran, dass viele der Absätze im Moment entstehen und ich dann nicht weiß, ob ein Thema schon mal dran war. Das alles Zusammensortieren sollen dann halt meine Nachkommen oder das Literaturarchiv in Marbach machen.“ Auch das gefällt mir gut, weil es für mein Blog gleichermaßen zutrifft.
Für den Nachmittag hatte eine Kollegin zu einer Besprechung mit rätselhaftem Betreff eingeladen. Darin teilte sie der Runde ein Ereignis mit, das sich auch auf das von dieser Runde betreute Projekt auswirken könnte. Genaueres weiß sie noch nicht, eigentlich sei das auch gar nicht ihr Thema, sondern eins des Produktmanagements, das sie aber erst übermorgen informieren könne und wolle, aber „Ich wollte nur schon mal sagen, dass…“ wiederholte sie mehrfach, überhaupt wiederholte sie alles mehrfach. Wiederholungen von bereits Gesagtem, erst recht mehrfach, erzeugt bei mir stets eine ungeduldige Aggression, ich musste an mich halten, beim etwa zehnten Mal nicht „JA DOCH!“ dazwischen zu rufen.
Mittwoch: Seit heute müssen Plastikverschlüsse unlösbar mit Getränkeflaschen und -packungen verbunden sein, auf dass sie nach Gebrauch nicht durch die Gegend fliegen und die Meere verschmutzen. Ob es hilft, weiß ich nicht, doch sehe ich darin keinerlei Grund zur Entrüstung und Grünen- bzw. EU-Schmähung. Da ich nicht mehr in den einschlägigen Hetzwerken lese (oder unterwegs bin), weiß ich es nicht, gehe jedenfalls davon aus, dass dort darob jetzt getobt wird, auch von solchen, die schon lange regelmäßig und gerne Bier aus Bügelflaschen trinken.
Etwas Sorge bereiten mir die Nachrichten über die sich ausbreitende Vogelgrippe, die schon lange nicht mehr nur geflügelte Wirte heimsucht. Auch von einem Anstieg der Corona-Infektionen und neuen Varianten ist zu hören und lesen. Mir wird bang. Dagegen sind angeleinte Flaschenverschlüsse nun wirklich ein Vogelschiss.

Donnerstag: Morgens leerte in der Innenstadt ein oranger Saugwagen über einen dicken Schlauch den Fettabscheider eines Restaurants, noch viele Meter davor und dahinter stank es erheblich. Nase auf bei der Berufswahl, dachte ich und freute mich über meine olfaktorisch zumeist unauffällige Bürotätigkeit.
Seit ich wieder im Mutterhaus arbeite, werde ich regelmäßig Zeuge von Aufzuggesprächen. Heute zwei Businesskasper. BK1: „War ’ne kurze Nacht.“ – BK2: „Ach, du schläfst? Ich ruhe nur.“ – BK1+2: „Hö hö hö.“ – Ich: inneres Augenrollen.
Notizbuchnotiz, während ich nachmittags auf die Bahn wartete: „Haltestellengedanke: Auch ich könnte jetzt das Datengerät zücken und z.B. die Zeitung lesen. Aber es ist mir zu blöd, weil alle drumherum aufs Telefon schauen. Ins Notizbuch schreibt dagegen außer mir niemand. Was stimmt nicht mit mir?“
Freitag: Alles Wesentliche zum Tag ist hier nachzulesen.
Samstag: Aus einem Zeitungsartikel über angemessenes Verhalten in Sternerestaurants: „Darf ich mit dem Brot die Soße auftunken? Manierentechnisch ist das […] ein No-Go.“ Und vokabeltechnisch eine Katastrophe.
Es war bewölkt und windig, gleichzeitig bis zum Nachmittag sehr warm. Nach dem Frühstück auf dem Balkon verband ich den Altglasentsorgungsgang mit einem längeren Bummel durch die menschenvolle Stadt. Das kann eigentlich gar nicht sein: Wie auch heute wieder ausführlich in der Zeitung dargestellt wurde, kommt wegen der katastrophalen Verkehrspolitik, deren Ziel es ist, Autos von Bonn fernzuhalten, zudem Autofahrer zu ärgern, wo es nur geht, dazu dysfunktionale öffentliche Verkehrsmittel, niemand mehr freiwillig nach Bonn. Aber sie waren da, zahlreich, besuchten Geschäfte und füllten Gaststätten, ich habe sie mir nicht eingebildet.
Nach Rückkehr Balkonlesezeit, bis ein kurzer, heftiger Regenschauer mit Wind, der die Tropfen unter die Markise wehte, mich vorübergehend ins Innere trieb. Abends zum Grillen war es wieder trocken und pulloverkühl.

Sonntag: Zu den liebsten Routinen zählt der Spaziergang am Sonntagnachmittag. Der führte heute wieder rüber ans andere Rheinufer, auf dem Rückweg durch den schönsten aller Biergärten.
Am Weg lag eine städtische Mobilstation, auf den ersten und zweiten Blick nicht viel mehr als ein großer, überdachter Fahrradständer. Interessanter das Wort, das einen logischen Widerspruch in sich trägt. Wahrscheinlich bin ich mal wieder der einzige, der das so sieht und erwähnenswert findet, aber das ist ja das Schöne am eigenen Blog.
Bei Schwarzrheindorf ist die Gerste erntereif. Der Landwirt hatte wohl kurz zuvor erst begonnen, gerade als ich das Feld passierte, kam mir unmittelbar neben dem Weg der Mähdrescher entgegen und hüllte mich in eine Strohstaubwolke. Wer Bier trinken will, muss das aushalten.


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Kommen Sie gut durch die Woche.
