Woche 18/2024: Öler klingt wenig verkehrswerbend

Montag: Seit nunmehr einer Woche weilt der Liebste aus beruflichem Anlass in Atlanta. Mehrmals täglich telefonieren wir mit sechsstündigem Versatz und tauschen unsere Erlebnisse aus, wobei er mehr zu berichten hat, ich bin von Natur aus eher der Zuhörer beim Telefonieren. Anfangs rechnete ich immer, wie spät es bei ihm jetzt wäre, dabei ist es gerade als Besitzer einer Analoguhr ganz einfach: Man muss sich den kleinen Zeiger nur genau gegenüber vorstellen.

So langsam könnte er aber auch mal zurück kommen.

Dienstag: Zu Fuß ins Werk und zurück, es ist deutlich wärmer geworden. Bald Anzugwetter.

Das muss nun wirklich nicht sein

Im Rheinauenpark, in Sichtweite meines neuen Arbeitsplatzes mit Aussicht, wurden ein Riesenrad und weitere Fahrgerätschaften aufgebaut für das Spektakel Rhein in Flammen am Wochenende, wo Feuerwerk, Musik und Außengastronomie die Menschenmassen erfreuen werden. Wegen letzteren werden wir es auch in diesem Jahr wieder meiden. Auf dem Rhein sind, neben den ganzjährig üblichen Frachtschiffen, wieder mehr Hotelschiffe zu sehen, zudem die Ausflugsdampfer (freilich keine Dampfer mehr, aber Dieseler oder Öler klingt wenig verkehrswerbend) der Köln-Düsseldorfer und Bonner Personenschifffahrt bis Linz und zurück. Damit könnten wir auch mal wieder einen Ausflug machen, vielleicht kann ich meine Lieben dazu motivieren.

Auch die Rheinnixe wurde nochmals bewegt, sie liegt nun wieder vor Beuel und harrt dort ihrer ungewissen Zukunft entgegen.

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Auf dem Heimweg sah ich zwei junge Frauen auf zwei geschobenen Fahrrädern einen Maibaum transportieren; es ist ein Schaltjahr, da werden die Herren mit geschmücktem Totholz beglückt. Kurz darauf zwei junge Männer zu Fuß mit einem Bierkasten zwischen sich. Klare Aufgabenteilung.

Als ich mir im Außenbereich eines Lokals in der Fußgängerzone einen Feierabend-Maibock (ich schrieb erst Mailbock, interessante Variante) genehmigte, platzierte sich davor einer mit Klarinette, aus der er wenig hörenswerte Melodien hervorbrachte. Nach dem dritten oder vierten Lied ging er durch die Tische, um Kleingeld zu ernötigen. Ich gab ihm nichts. Dabei fühle ich mich immer ein wenig wie ein Arschloch, aber ich sehe es nicht ein, für etwas zu bezahlen, das ich nicht bestellt habe und das mir keinerlei Nutzen oder wenigstens Freude bringt.

Abends wurden der Geliebte und ich im Restaurant Zeuge einer Begebenheit: Eine mittelalte Frau kam herein und fragte die Kellnerin nach einem Telefon, bei ihrem eigenen wäre der Akku leer. Es wurde ihr gebracht, damit setzte sie sich an einen Tisch nahe unserem, breitete einen Notizblock und andere Sachen vor sich aus und begann zu telefonieren, ohne etwas zu bestellen. Nachdem sie mehrere Gespräche geführt hatte, auch auf Englisch, kam ein anderer Kellner und bat sie freundlich um Rückgabe des Telefons, da man es benötigte, außerdem bat er sie, zu gehen. Nach einigen unfreundlichen Worten gegen den Kellner verließ sie empört das Lokal. Ein Blick auf das Telefon ergab: Sie hatte nicht ein einziges Telefonat geführt.

Mittwoch: Wenn man es sich zur Aufgabe gemacht hat, täglich etwas ins Blog zu schreiben, ist es an manchen Tagen nicht einfach, was geeignetes zu finden. Nicht so am 1. Mai, an dem wie in jedem Jahr gilt: Es ist paradox, zugleich erfreulich, am Tag der Arbeit nicht zu arbeiten.

Dazu passend Balkonliegestuhlwetter. Im SPIEGEL las ich erstmals von einem Hohlraumforscher und freute mich ein weiteres Mal darüber, was es alles gibt.

Donnerstag: Nach Rückkehr des Liebsten am Vormittag ist die Welt wieder etwas mehr in Ordnung, jedenfalls der winzige Teil davon, den ich überblicke.

Der Tag war sonnig und warm, für den Abend waren starke Gewitter angekündigt. Die kamen auch, allerdings nicht hier in Bonn. Während des Fußweges nach Hause baute sich ringsherum dunkles Gewölk auf, Windböen wirbelten Staub und Abfälle auf und ließen die bunten Bänder in den gestern aufgestellten (in diesem Jahr nach meinem Eindruck wenigen) Maibäumen flattern, ab und an war in der Ferne ein Grollen zu vernehmen. Nach Rückkehr verzogen sich die Wolken zunächst, sogar die Sonne schien zwischendurch wieder. Erst jetzt am späteren Abend, zum Zeitpunkt der Niederschrift, regnet es dicke Tropfen, laut Vorhersage wird sich daran in den nächsten Stunden nicht viel ändern. Bestes Schlafwetter.

Gewölk über Köln

Aus einem Zeitungsbericht: »Auch die Frösche gaben am 1. Mai ein so lautes Konzert, dass Spaziergänger am Weiher anhielten und fotografierten.« Anscheinend Tonbilder, wieder so ein neumodischer Kram, der an mir vorbeigegangen sein muss.

Freitag: Der Regen hielt bis zum Mittag an, gegen Abend zeigte sich die Sonne. Im Gegensatz zu anderen Regionen, wo die Meteorologie gestern heftig tobte und schädigte, hatten wir mal wieder Glück.

Um halb vier nachmittags erreichte mich überraschend per Mail die Einladung zur Eigentümerversammlung eine halbe Stunde später. Kurz empörte ich mich über die Kurzfristigkeit, dann schaute ich in den privaten Maileingang, und siehe da: Bereits im März wurde fristgerecht eingeladen, ich hatte es versäumt, den Termin im Kalender einzutragen. Das ist mir völlig durchgegangen und angemessen peinlich. Nicht, dass mir Eigentümerversammlungen größeres Vergnügen bereiteten, doch das sollte nicht passieren.

Unterdessen berichtet die Zeitung über einen Amerikaner, dem sein Therapie-Aligator abhanden gekommen ist. Dagegen ist eine versäumte Eigentümerversammlung vergleichsweise unerheblich.

Samstag: Unerwartet humorlos reagierten laut Zeitungsbericht Angestellte der LVR-Klinik, die auch eine Psychiatrie betreibt, auf eine Werbeaktion ihres Arbeitgebers um neues Personal. Hierzu hatte die Klinik rosa und grüne Postkarten drucken und in Kneipen verteilen lassen mit der Aufschrift „Klapsenbeste“ (rosa) beziehungsweise „Klapsenbester“ (grün) auf der Vorderseite. Darauf muss man auch erstmal kommen.

Sonntag: Heute ist der Fünfte im Fünften, somit #WMDEDGT-Tag. Alles weitere hier.

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Kommen Sie gut durch die Woche, verlieren Sie nicht den Humor.

Woche 44/2023: Rache der ignorierten Halloweenisten

Montag: Vergangenen Nacht träumte ich, ein von mir regelmäßig und gern gelesener Blogger aus Hamburg hätte dieses geschrieben: »Die Söhne haben inzwischen ihre eigenen Wohnungen. Bald ziehen bei ihnen junge Damen ein, vorübergehend, nur für wenige Wochen. „Herbstunterstützungsbeilage“ nennen die Söhne das.« Niemals schriebe der geschätzte Mitblogger das, und doch freut es mich, mir das Wort „Herbstunterstützungsbeilage“ bis zum Morgen gemerkt und es notiert zu haben.

Um 6:30 Uhr schlug die Realität zu. Kann eine Woche gelingen, die ohrwurmend mit dem unsäglichen „Und wenn sie tanzt“ im Radio beginnt? Wir werden sehen.

Dienstag: Laut einem Zeitungsbericht über das von vielen empfundene und für mich völlig nachvollziehbare Unbehagen, das einst von Schulsport und Turnhallen ausging, ist Sport das gefährlichste Schulfach. Nicht Religion, wer hätte das gedacht.

Ein anderer Zeitungsartikel widmet sich einem aktuellen Skandal im Rheinauenpark, die dortige Nutria-Population betreffend. Seit einiger Zeit werden die pelzigen Racker von Jägern „entnommen“, wie es wohl in deren Jargon heißt, da sie sich mangels natürlicher Feinde stark vermehren und erhebliche Schäden anrichten, was sie, am Rande bemerkt, sehr menschlich erscheinen lässt. Das tun die Jäger augenscheinlich recht gründlich, jedenfalls ist mir bei meinen mittäglichen Runden durch den Park schon länger kein Nutria mehr begegnet.

Nun aber hat sich wohl ein des Metzelns Unbefugter der Tiere angenommen und laut Zeitung zwei „Nutriababys“ erlegt, dazu ein Bild mit vier betroffen blickenden Personen, vor ihnen die nekrotisierten Nager. Dass hier kein Jäger am Werke gewesen war, wurde ihnen zuvor von einem solchen, von einem Tierarzt (nach Röntgenuntersuchung der Leichen) sowie einem Tiernotrufexperten übereinstimmend bestätigt; so kommt man zu dem Schluss: »Das war eine Privatperson, die Nutrias wirklich hasst.« Man erstattete Anzeige wegen Verstößen gegen Tierschutz-, Jagd- und Waffenschutzgesetz; die Existenz von letzterem war mir neu. Die Stadt Bonn erwägt zudem einen Strafantrag wegen Wilderei. Meine Güte. Halb Bonn steht Kopf wegen zweier Junginvasivschädlinge, die ohnehin in absehbarer Zeit ganz legal eliminiert worden wären. „Aber die sind doch so niiiiedlich …“

Ansonsten ignorierten wir, wie jedes Jahr, dieses Halloween.

Morgens

Mittwoch: Nach feiertagsangemessener, nicht allzu später Aufstehzeit frühstückten wir zur Feier des Tages auswärts im Café, wo wider Erwarten noch ein Tisch frei war. – Rache der ignorierten Halloweenisten: Wie wir bei Rückkehr bemerkten, wurden die unteren Etagen unserer Hausfassade vergangene Nacht von mehreren tieffliegenden Eiern getroffen. Sehen wir es positiv, Eiwürfe sind besser als eingeworfene Scheiben oder farbbeschmierte Wände. Regen und eimögende Kleinlebewesen werden sich derer in nächster Zeit annehmen.

Nachmittags begaben sich der Liebste und ich ins Vereinshaus der Karnevalsgesellschaft, um bei den Vorbereitungen für das große Ordensfest am kommenden Freitagabend zu helfen. Zur Stimmungsaufhellung wurde Sekt gereicht.

An so einen arbeitsfreien Tag in der Mitte der Woche könnte ich mich gewöhnen, der Verzicht auf Tanzveranstaltungen erscheint mir dafür vertretbar.

Donnerstag: Der Tag war von heftigen Winden umtost. Morgens sah ich in der Innenstadt umgewehte Pflanzenkübel, vom Außengastronomiemobiliar losgelöste Planen und auf dem weiteren Weg abgebrochene Äste teilweise in einer Stärke, wie man sie sich besser nicht auf den Kopf fallen lässt. Auf dem Radweg am Rhein nur wenige Fahrräder, auf dem Rhein selbst außergewöhnlich geringer Schiffsverkehr, wohl eher nicht windbedingt. Dazu dunkles, eilig vorüberziehendes Gewölk. Nur die Berge des Siebengebirges leuchteten in der Ferne in herbstlichen Farben, als ob sie durch eine nicht erkennbare Wolkenlücke von der Sonne beschienen würden.

An den Arbeitstag schloss sich die diesjährige Eigentümerversammlung an, auch so eine Angelegenheit, mit der ich am liebsten nicht behelligt werden möchte, gleichwohl notwendig, dabei nur geringfügig vergnüglicher als eine Wurzelbehandlung.

Freitag: Wie bereits berichtet, wurde gestern der erste Weihnachtsmarkt in Essen-Steele eröffnet. Glühwein bei fünfzehn Grad Außentemperatur ist ja mittlerweile auch im Dezember nicht mehr ungewöhnlich. Dennoch erscheint es als eine sehr großzügige Auslegung des Lichterkettengesetzes.

Wie ich erst heute erfuhr, gibt es neben Black Friday und Cybermonday einen weiteren Eintrag im Kalender des Konsumwahnsinns: Am 11.11. ist in China Singles Day, an dem sich alleinstehende Chinesen selbst beschenken. Verhängen die Hersteller und Lieferanten unterleibserfreuender Spezialspielzeuge in dieser Zeit ihren Angestellten eine Urlaubssperre?

Nicht nur im April tragen die Zierkirschen ihren Namen zu recht

Abends beim Ordensfest der Karnevalsgesellschaft hatte ich meinen ersten Auftritt als Trommler im Musikzug. Voll zufrieden war ich mit meiner Leistung noch nicht, das wird schon mit der Zeit. Als einer von fünf Trommlern fällt man nicht so sehr auf wie als ein Trompeter von zweien oder gar als einziger Sänger. Gelernt: Bei Auftritten sollte man immer mindestens einen Ersatztrommelstock dabei haben. Während einer Musikpause hatte ich die Trommelstöcke unter den Arm geklemmt, um dem Präsidenten zu applaudieren. Dabei fiel ein Stock zu Boden und kullerte hinter die Bühne. Mein erfahrener Nebenmann reichte mir sogleich einen Ersatzschläger, daher war ich nicht zum vorläufigen Einhandtrommeln verurteilt, was im Übrigen, da ich ganz hinten stand, auch nicht weiter aufgefallen wäre.

Ordensfest zeigte sich am späteren Abend auch der Chronist. (Foto: Stefan Hamacher)

Samstag: Das Ordensfest wirkte in Form von leichten Kopfschmerzen nach, ich lerne es einfach nicht.

Mittags suchte ich zur Erledigung einer Geldangelegenheit die Postbankfiliale auf. Bei der Gelegenheit wollte ich zehn der neuen Loriot-Briefmarken kaufen, sind sie doch ein schöner Anlass, in letzter Zeit etwas eingeschlafene Brieffreundschaften wieder zu beleben. Leider ausverkauft. Die Brieffreunde müssen sich noch etwas gedulden.

Nachmittags begaben sich der Liebste und ich mit Konsumabsichten in die Innenstadt; bei C&A sind gerade die Hosen günstig, und Hosen kann man immer gebrauchen. Auch in Bonn sind bereits die ersten Buden aufgebaut, allerdings (noch) nicht aus Weihnachtsmarktgründen, sondern im Rahmen der Aktion „Bonn leuchtet“, bei der abends diverse Gebäude bunt angestrahlt werden, was mutmaßlich noch schöner ist, wenn man dabei ein Getränk oder eine Bratwurst in der Hand hält. Auch Glühwein und Eierpunsch sind bereits im Angebot, mein Bedarf daran war nicht nur wegen des äußerst ungemütlichen Wetters noch nicht geweckt.

Sonntag: Bermerknisse zum Tag sind hier nachzulesen, dem ist nichts hinzuzufügen.

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Ich wünsche Ihnen eine angenehme Woche, kommen Sie gut dadurch.