Eier gegen die Staatsgewalt

Nachdem Thomas de Maizière das Drohnendebakel durch Amtsübergabe an Frau von der Leyen überwunden hat, droht ihm neues Ungemach im Zusammenhang mit der Beschaffung eines Großgerätes zur Durchsetzung staatlicher Gewalt: des Wasserwerfers „WaWe 10“. Nach einem von Beamten der Thüringer Bereitschaftspolizei testweise durchgeführten Bewurf mit demonstrationsüblichen Gegenständen wie Eiern, Tennisbällen und halb gefüllten Plastikflaschen wies das Fahrzeug Beschädigungen auf, welche seine Eignung für den Einsatz gegen Wutbürger fraglich erscheinen lassen. Ein solches Schadensbild sei nicht nachvollziehbar, so ein Ministeriumssprecher. Der Innenminister selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der Hersteller zeigte sich von den Testergebnissen indes unbeeindruckt: „Die Bundesrepublik Deutschland hat einen Wasserwerfer bestellt und keinen Panzerwagen. In der Bedienungsanleitung weisen wir extra darauf hin, den WaWe 10 möglichst nicht bei Hagel über acht Millimeter Korngröße einzusetzen, um lange Freude an dem Gerät zu haben“, betonte die Sprecherin des Unternehmens.

Das Bundesinnenministerium hat inzwischen reagiert und in enger Zusammenarbeit mit dem Justizministerium eine neue Verordnung über zulässige Wurfgegenstände bei Demonstrationen erarbeitet. Steine und steinähnliche Gegenstände, etwa Kaffeepötte – gefüllt wie ungefüllt – oder Glasaschenbecher sind gänzlich verboten. Die ursprüngliche Absicht, auch Eier zu ächten, scheiterte am erbitterten Widerstand des Verbandes Deutscher Legehennenhalter; diese (also die Eier) müssen nun zuvor gekocht und gepellt sein. Statt Tennisbällen sind nur noch Tischtennisbälle zulässig, und Plastikflaschen müssen vor dem Wurf vollständig geleert werden. Gegenstände aus gekämmter Baumwolle, Schaumkunststoff (Polystyrol) und Knetgummi wurden nach umfangreichen Tests durch das Bundesamt für Materialprüfung als unbedenklich eingestuft, wenn sie ein Volumen von achthundertzehn Kubikzentimetern nicht überschreiten.

Der Vorfall gab Anlass zu Überlegungen, ob der Einsatz von Wasserwerfern überhaupt noch zeitgemäß sei, auch im Hinblick auf die Ereignisse in Stuttgart 2010. Stattdessen wird Ersatz durch besonders leistungsstarke Laubbläser erwogen. „Wir können hier auf jahrzehntelange Erfahrungen zurück greifen“, sagte ein Ministeriumssprecher, „mit dem Produzieren heißer Luft kennen wir uns schließlich aus.“ Doch wird mit erheblichem Widerstand der Polizeigewerkschaft gerechnet: Bei ersten Tests trugen die Beamten trotz dreifachem Hörschutz erhebliche Gehörschäden davon. Auch ist fraglich, ob der Einsatz von Laubbläsern dem Gebot der Verhältnismäßigkeit entspricht und nicht einen Verstoß gegen das Haager Abkommen und die Genfer Konventionen darstellt.

Über Schulschwänze, Erdbeben und andere Wetterphänomene

Auch im Internet-Zeitalter ist das gedruckte Wort nach wie vor ein unverzichtbares Mittel zur Befriedigung des menschlichen Informationsbedürfnisses. Hier ein paar besonders eindrucksvolle Beispiele journalistischer Schreibkunst:

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(Quelle nicht mehr nachvollziehbar, vermutlich Welt Kompakt. Oder General Anzeiger Bonn. Auf jeden Falls eins von beiden.)

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(General Anzeiger Bonn)

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(General Anzeiger Bonn)

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(General Anzeiger Bonn)

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(Welt Kompakt)

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(General Anzeiger Bonn)

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(General Anzeiger Bonn)

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(Psychologie Heute)

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(Psychologie Heute)

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(General Anzeiger Bonn)

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(General Anzeiger Bonn)

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(General Anzeiger Bonn)

Da bläst er

Jede Jahreszeit erfreut das menschliche Ohr mit den ihr eigenen Klängen: im Winter tönt es „In der Weihnachtsbäckerei“ aus den Glühweinbuden örtlicher Weihnachtsmärkte, im Frühling lassen uns, triebgetrieben, die gefiederten Freunde ab fünf Uhr in der Frühe nicht länger im Bett verweilen, im Sommer erfüllt chlorschwangeres Kindergeschrei aus dem Freibad die Luft, und der Herbst bietet einen ganz besonderen akustischen Genuss. Von weitem klingt es wie eine Mischung aus Kettensägenmassaker, überfriesiertem Mofa und startendem Düsenflugzeug, bis man ihn vor sich hat, von seinem mit Hörschutz gewappneten Bediener stolz geschwungen: den Laubbläser.

Er ist ein echter Segen für die zivilisierte Menschheit. Mussten unsere Vorväter und -mütter das Laub noch mit Rechen und Besen zusammenfegen, um es, in Säcke gepackt, mühsam zu entsorgen, so blasen wir es heute ohne Kraftanstrengung großflächig in Nachbars Garten. Die damit einhergehenden Hörschäden nehmen wir dafür gerne in Kauf, die heutige Welt ist ohnehin zu laut.

Hätte es in meiner Kindheit schon Laubbläser gegeben, wäre die Liste meiner künftigen Berufswünsche sicher um einen Eintrag länger gewesen. Wobei, wie ist hier eigentlich die genaue Berufsbezeichnung? Blattwerkliquidator, Floralimmissionstechniker, Laub-Bläser, Laubbläserbläser? Oder fällt er unter Terrorist?

Die Verwendungsmöglichkeiten des Laubbläsers sind mannigfach. Ursprünglich aus Südhessen kommend, erfreut sich die Mannschaftssportart Laubball immer größerer Beliebtheit: Zwei Mannschaften aus jeweils sieben Spielern, jeder Spieler mit einem Laubbläser ausgestattet, treiben eine Styroporkugel vor sich her mit dem Ziel, sie in das gegnerische Tor zu pusten. Das Herunterreißen eines gegnerischen Hörschutzes gilt dabei als schweres Foul und wird mit Platzverweis geahndet.

Ein zeitgenössischer Komponist, dessen Name mir momentan entfallen ist, arbeitet dem Vernehmen nach bereits seit geraumer Zeit an einer Herbstsinfonie für Orchester, Klavier, Chor und Laubbläser, die Uraufführung soll am 20. Dezember sein, dem Vorabend des Weltuntergangs.

Auch ich habe den Laubbläser inzwischen für des Heimes Pflege lieb gewonnen. Mühte ich mich früher mit dem Staubsauger ab, so bedarf es heute nur weniger Handgriffe, bis Wollmäuse, Brotkrümel und ähnlicher Unrat unter Schränken, Sofa und Bett ihren Platz gefunden haben. Dass mich die Nachbarn seitdem nicht mehr grüßen, erscheint auf den ersten Blick bedauerlich, doch nehme ich dies als Kollateralumstand gerne in Kauf. Ihre Beschimpfungen höre ich schon lange nicht mehr.