Hundeleben

In deutschen Haushalten leben fünf millionen Hunde, hinzu kommen einige Pekinesen, Chihuahuas und ähnliches Gekräuch, im ganzen also vergleichsweise viele, gemessen an der Zahl der Delfine in häuslicher Haltung, welche auf unter hundert geschätzt wird. Statistisch nicht erfasst ist indes die Zahl der zweibeinigen Sau- und inneren Schweinehunde. Die Zahl der Beine spielt eine zentrale Rolle: taucht in einem Presseartikel das Wort ‚Vierbeiner‘ auf, so ist damit stets ein Hund gemeint, so wie ‚Modezar‘ mit Lagerfeld und ‚Medienmogul‘ mit Berlusconi gleichgesetzt werden. Nicht etwa ein Wohnzimmertisch oder eine Spinne, der das sadistisch veranlagte und von Spinnenphobie noch nicht erreichte Kleinkind vier Beine ausgerissen hat, auch nicht ein Liebespaar in kopulativer Betätigung.

Irgendein Medienmogul hat also irgendwann mal festgelegt, ein Vierbeiner sei ein Hund und umgekehrt, basta. Dabei wären die Synonyme ‚Gehwegbekoter‘ oder ‚Laternenpisser‘ wesentlich treffender; mag sein, dass auch die Spinne, teilamputiert oder nicht, auf dem Gehweg ihr Geschäft verrichtet, jedoch mit ungleich weniger unangenehmen Folgen für Schuhwerk und Auslegeware.

Ähnlich absurd die Annahme, der Hund stamme vom Wolf ab, außer acht lassend, dass die Existenz von Zwergpudel und Rauhaardackel diese These eindeutig widerlegen. Schon das Nahrungsverhalten stellt die Wolf-Hund-Theorie auf (vier) wackeligen Beine: während sich der Wolf gerne ein Schaf, die Oma oder ein bis sechs Geißlein zum Mittagessen einverleibt, so bevorzugt der Hund trockene Ringlein zweifelhaften Geruchs oder Dosenfutter, gerne auch mit einem Sträußchen Petersilie. Niemals hingegen hat man einen Wolf Petersilie fressen sehen, auch nicht sonntags zur Oma.

Der Hund gilt als der beste Freund des Menschen, es sei denn, er (der Mensch) ist Briefträger; Freundschaften zwischen Mensch und Wolf bilden dagegen eher die Ausnahme. Ähnliches gilt für das Verhältnis zwischen Isegrim und Flipper. Daher ist der Ausspruch „Du sollst auch nicht leben wie ein Hund“ als Ausdruck des Mangels zumeist unangebracht, vielen Hunden geht es deutlich besser als manchen Kindern, jedoch hörte ich noch nie den Satz „Du sollst auch nicht leben wie ein Kind“. Wobei der Übergang fließend ist, mancher Hundehalter behandelt seinen vierbeinigen Freund wie ein Kind, etwa wenn er Sätze sagt wie „Wo isser denn“ oder „Das sollst du doch nicht, du kleiner Mausebär“, nachdem er (der Hund) in die Langflorauslegeware gekotzt hat und bevor ihm die nächste Praline in sein süßes Schnäuzelchen gestopft wird.

Jetzt, da die zweite Hälfte meiner Lebenszeit angebrochen ist, sollte ich mir langsam Gedanken darüber machen, als was ich das nächste Mal Gast auf Erden sein möchte. Ein Dasein als Wolf erscheint mir wenig attraktiv, zumal er nicht gerade als Sympathieträger gilt und daher gerne von kurzsichtigen Eifeljägern abgeknallt wird. Der Delfin schneidet in dieser Hinsicht zwar besser ab, doch verspüre ich nur geringe Lust, durch Feuerreifen zu springen oder zur Therapie autistischer Kinder herangezogen zu werden. Ein Hundeleben dagegen könnte ich mir ganz gut vorstellen, also nicht als zähnefletschender Hof- und Kettenhund und auch nicht als verhätschelte Schoßratte, irgendwas dazwischen halt, nur über die Sache mit dem Stöckchen holen müssten wir reden. Wichtige Voraussetzungen für ein Dasein als Hund bringe ich bereits mit: an Dosenfutter bin ich noch aus meiner Studien- und Junggesellenzeit gewöhnt, ohne Petersilie, auch gelingt es mir schon ganz gut, im Falle freudiger Erregung mit dem Schwanz zu wedeln.

2 Gedanken zu “Hundeleben

  1. ThomasS Februar 4, 2014 / 01:06

    Meine Empfehlung wäre eine Wiedergeburt als Katze bzw. Kater. Das entspräche exakt deinem Bedürfnisprofil. Von Katzen wird i.d.R. nicht verlangt, Stöckchen zu apportieren oder ähnlichen Nonsens zu treiben. Denn selsbt der Mensch hat inzwischen begriffen, dass sowas nur bei Kötern funktioniert. Die allerdings sind darauf angewiesen. Und das auch nur deshalb, weil sie von der Evolution unglücklicherweise darauf gepolt sind, es irgendeinem Leittier rechtzumachen. Und im Zuge der Domestizierung ist das nun leider mal die „Krone der Schöpfung“. Egal, ob du als Schäferund die Jagdbeute herbringst und anschließend mit hängender Zunge auf deine Streicheleinheiten wartest oder dir als Pekinese von einer vereinsamten alten Dame ein Strickjäckchen nach dem anderen verpassen lassen musst … allzu schön stelle ich mir so ein Leben als Hund keineswegs vor. Insofern hat der Terminus vom „Hundeleben“ m.E. durchaus seine Berechtigung.
    Zumindest wenn man menschliche Maßstäbe und menschliches bewusstsein zugrunde legt. Unter diesem Aspekt würde manch ein Wiedergeborener allerdings Tantalusqualen erleiden, würde man ihn als Bernhardiner in der Bergrettung einsetzen. Da bekommst du ein Fass Hochprozentiges um den hals gehängt … Nicht von ungefähr haben viele dieser Hunde in den letzten Jahren den Namen „Harald“ verpasst bekamen! 😉

    Als Stubentiger wärst du von alledem gänzlich befreit. Nicht von ungefähr wurden im alten Ägypten Katzen wie Götter verehrt. Diese Ansicht ist übrigens noch heute bei vielen Katzenfreunden verbreitet, die sich selbst oft zum „Dosenöffner“ degradieren. Du würdest also reichlich Dosenfutter erhalten. Die Petersilien-Garnierung brauchst du ja nicht mitzuessen. Du kannst kommen und gehen wann du willst, und ein echter „Dosi“ akzeptiert das auch. Notfalls kannst du immer noch aus dem Fenster springen. Wenn das deine angeborene Geschmeidigkeit nicht aushält, hast du bekanntlich eh weitere 8 Leben zur Verfügung. Wenn ein Mensch deine Nähe braut, funkt dir kein angeborener Rudelnstinkt dauwischen, sondern du hast scheinbar die freie Entscheidung, ob du dich drauf einlässt oder nicht.
    Man weiß von zahlreichen Fällen, da haben Mensch die Nähe ihrer Katze gesucht und die wiederum kurzerhand das Weite! In anderen Fällen kam die Katze von selbst, um einem traurigen Menschen Trost zu spenden.
    Wäre das nix für dich …?

    Ich schrieb ja bereits: Wenn an diesem Wiedergeburts-Dings wirklich was dran ist, dann wäre ich im nächsten Leben gern ein Adler oder meinetwegen auch ein Falke. Aber das sind nunmal von Natur aus leider Raubvögel. Falls wir uns dann jemals sollten und ich dich instinktiv attackieren muss … bitte nimm’s nicht persönlich! Obwohl, wenn ich es recht bedenke … Katze wäre auch keine üble Option! Naja … wir werden sehen!

    Was mir allerdings auffällt … kaum ein Mensch äußert auf die Frage nach der Wiedergeburt, dass er im nächsten leben gern nochmal Mensch wäre. Das gibt zu denken! Wenn überhaupt, dann möchten die meisten von uns doch gern als Menschen mit überragenden Fähigkeiten wiedergeboren werden, die sie möglichst zur Berühmtheit machen. Niemand wünscht sich, einer unter vielen zu sein, der für seine bloße Existenz ewig herumkrebst, obgleich die blanke Empirie dagegen spricht. Auf einen einzigen Genius kommen rein statistisch Millionen und Millarden an Fußvolk, die sich mehr oder weniger unglücklich durchs leben schlängeln oder schlagen müssen! Auch solche eher zur Hoffnungslosigkeit verdammten Lebensläufe müssten ja vom Jenseits aus mit Seelen versorgt werden und das nicht zu knapp!

    Womit wir wieder bei einer Hypothese wären, die ich bereits zuvor an dieser Stelle geäußert habe:
    Dass die Geburt als Mensch im Grunde genommen eher eine Strafe sein könnte denn ein Segen. Und als solche womöglich oft nur noch übertroffen von der Wiedergeburt als Bernhardiner, der mit Fass um den Hals für die Bergrettung abgerichtet wird.

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  2. ThomasS Februar 4, 2014 / 01:37

    „… allzu schön stelle ich mir so ein Leben als Hund keineswegs vor.“

    Oder denk dir bloß mal, du begegnest einer Person, die du attraktiv findest. Dein Gegenüber ist auch nicht abgeneigt. Doch kaum willst du deiner Natur folgen und Tuchfühlung aufnehmen, wirst du an der Leine, an der du hängst, jäh zurückgerissen, well dein „Herrchen“ Ärger mit seinen Mitmenschen vermeiden will. Gut, als Wolf dürftest du auch nicht so ohne Weiteres an jeden potenziellen Geschlechtspartner ran, wenn es die Rudelordnung verbietet. Aber auch als Mensch wirst du ja ewig an einer unsichtbaren Leine von deinen Bedürfnissen zurückgerissen. Diese Leine nennen wir selbst Zivilisation. Und wir müssen sogar dankbar sein dafür, dass uns diese leine zurückhält. Aus Sicht der Evolution sind wir vermutlich dermaßen überzüchtet, dass wir einander zerfleischen würden, ließe man uns von der Leine. Und wir würden vermutlich nicht einmal kapieren warum.

    Das beste Schicksal, das dir jemals als Hund widerfahren konnte, war vermutlich, von Loriot verewigt zu werden. Und auch nur dann, wenn du ein Mops warst! 😦 Aber selbst dieser Lichtblick ist seit einigen Jahren mangels Loriot ja passé.

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