Grundsätze der Aufgabenerledigung im abhängigen Beschäftigungsverhältnis

In dieser Woche hatte ich das Vergnügen, an einem Seminar meines Arbeitgebers für Selbst- und Zeitmanagement teilzunehmen, was keineswegs ironisch gemeint ist, das Seminar war wirklich gut, auch wenn ich nicht so ganz viel neues gelernt habe, weil ich mich schon lange mit diesem Thema befasse und mir deshalb einbilde, schon vorher einigermaßen strukturiert gearbeitet zu haben. Aber es gibt ja bekanntlich nichts, was sich nicht noch verbessern ließe.

Für alle, die dieses Thema interessiert, hier noch einmal eine Zusammenfassung der (für mich) wichtigsten Erkenntnisse, garniert mit einigen eigenen Erfahrungen, die vermutlich so (noch) in keinem einschlägigen Lehrbuch zu finden sind. Vielleicht schreibe ich eines Tages selbst mal eins.

Umgang mit einer neue Aufgabe
Der Büroalltag könnte so schön sein, würde man nicht ständig mit E-Mails belästigt, aus welchen nicht selten neue Aufgaben erwachsen. Bei Eintreffen einer neuen Aufgabe stelle man stets folgende Überlegungen an:

1.) Muss diese Aufgabe überhaupt erledigt werden?

a) wenn nein: ignorieren, E-Mail löschen oder, wer sich das nicht traut, ablegen.

b) wenn ja: weiter zu 2.)
2.) Muss ICH diese Aufgabe erledigen?

a) wenn nein: an richtigen Bearbeiter weiter leiten (bzw. an einen Kollegen, in dessen Wortschatz das Wörtchen „Nein“ nicht vorkommt) oder sich beim Aufgabensteller für nicht zuständig erklären.

b) wenn ja: weiter zu 3.)
3.) Aufgabe nach dem Eisenhower-Prinzip priorisieren

a) Wichtig und dringlich (A-Aufgabe): sofort oder möglichst bald erledigen.

b) Wichtig, aber nicht dringlich (B-Aufgabe): Bearbeitung terminieren und termingerecht erledigen, bevor sie zur A-Aufgabe wird.

c) Dringlich, aber nicht wichtig (C-Aufgabe): mit so wenig Aufwand wie unbedingt nötig erledigen. Merke: Es muss nicht immer Powerpoint sein, oft genügt ein einfaches Word-Dokument.

d) Weder wichtig noch dringlich: siehe 1.) a). Wenn das nicht möglich ist, mit geringer Priorität und geringstmöglichem Aufwand irgendwann erledigen. Sofern es sich dann nicht inzwischen von selbst erledigt hat.


Hinweis: unangenehme Aufgaben oder solche mit geringem Lustfaktor bearbeite man möglichst als erste innerhalb der Priorität (A, B, C). Auch beachte man stets das Pareto-Prinzip, wonach 80% der vom Chef / vom Unternehmen geforderten Ergebnisse nur 20% des Zeitaufwandes erfordern; der Rest geht also für unwichtiges drauf.

Alle unvermeidlichen (d. h. selbst zu erledigenden) Aufgaben fixiere man schriftlich mit Priorität und vorgesehenem Erledigungstermin und berücksichtige sie in der

Tagesplanung
Den Arbeitstag plane man möglichst am Vorabend nach der „ALPEN-Methode“:
A – Aufgaben für den Tag zusammenstellen („Was will ich morgen alles erledigen?“)
L – Länge/Zeitbedarf für jede Aufgabe schätzen und Gesamtbedarf ermitteln („Wie lange brauche ich dafür voraussichtlich?“), dabei
P – Puffer einplanen: maximal 60% der Arbeitszeit verplanen, den Rest für Unvorhergesehenes freihalten („Wer weiß…“).
E – Entscheidungen über Priorisierung (A, B, C) treffen, immer wieder prüfen, welcher Aufwand für einzelne Aufgaben gerechtfertigt ist und ob sie nicht doch delegiert bzw. abgedrückt werden können („Wie kann ich die Aufgabe möglichst effizient bearbeiten?“).
N – Notieren im Zeitplan: Welche Aufgabe soll wann bearbeitet werden? Dabei Blöcke bilden (z. B. A-Aufgaben oder Telefonblock) und persönliche Leistungskurve (Mittagstief!) sowie Zeiten der geringsten Störungen von außen berücksichtigen („Wann mache ich was?“)

Grundsätzlich:

– Jeden Arbeitstag möglichst positiv beginnen und beenden, z. B. durch Rituale.

– Festlegen, wie lange man heute im Büro bleiben wird, geplantes Arbeitsende möglichst konsequent einhalten. Wenn man wider Erwarten früher fertig ist: früher gehen.

- Täglich eine „stille Stunde“ reservieren für persönliche Planung und Rückschau.

– Ausreichend Pausen machen, also wirklich Pausen und nicht währenddessen E-Mails
 lesen.

– Erfolge feiern, Lob annehmen und die eigene Leistung nach oben bzw. außen nicht relativieren („War ja nicht so schwer“)

– Den Feierabend planen und sich darauf freuen!

– Keine Arbeit mit nach Hause nehmen, auch nicht gedanklich (ja, das ist oft gar nicht so einfach…)

– Geplante, aber unerledigte Aufgaben auf den nächsten Tag übertragen (wenn möglich; wenn nicht, länger im Büro bleiben).

Umgang mit Störungen und Kommunikationsmitteln
– Sämtliche Benachrichtigungen über den Eingang neuer E-Mails deaktivieren!
– Wenn vom Unternehmen bzw. Chef geduldet, Anrufbeantworter und Mobilbox deaktivieren; auf verpasste Anrufe grundsätzlich nicht zurückrufen, es sei denn, der Anrufer bittet per E-Mail oder SMS ausdrücklich darum, oder Sie haben auf diesen Anruf gewartet. Oder der Anrufer ist der Chef…
– E-Mails in Blöcken bearbeiten, z. B. nur alle drei Stunden; E-Mail-Blöcke im Tagesplan berücksichtigen.
– Wenn man sich gerade auf eine wichtige Aufgabe (A oder B ) konzentrieren muss, grundsätzlich nicht ans Telefon gehen. Wenn es wichtig ist, wird sich der Anrufer nochmals melden, oder eine E-Mail schreiben.
– Unangemeldeten Besuchern keinen Platz anbieten. Wenn erforderlich, deutlich machen, dass es jetzt gerade nicht passt mit dem Angebot, sich später zu melden (und das dann möglichst auch tun).
– Am Telefon gleich zur Sache kommen, nicht lange rumsülzen. Smaltalk ist überbewertet und hält alle Beteiligten unnötig auf.
– Wichtig: „Nein“ sagen können! Wer es nicht kann, muss es üben; vielleicht nicht gerade beim Chef, das ist nur was für Fortgeschrittene.

Zum Schluss noch ein Hinweis:
Bevor man die innere Kündigung ausspricht, prüfe man, ob man die Situation oder die eigene Einstellung zum Job ändern kann. Wenn nicht, suche man sich einen anderen Job, so schwer und unbequem es auch erscheint. Trotz innerer Kündigung weiter zu arbeiten, macht auf Dauer krank. Dennoch: es ist legitim, ab und zu, aber auch wirklich nur ab und zu, wenn mal wieder „oben“ eine unsinnige Entscheidung getroffen wurde, zu denken: „Na gut, ich spiele euer Theater mit, schließlich bezahlt ihr mich gut dafür“. Aber nur denken!

Weitere Tipps zur möglichst angenehmen Gestaltung des Arbeitsalltags nehme ich gerne entgegen.

2 Gedanken zu “Grundsätze der Aufgabenerledigung im abhängigen Beschäftigungsverhältnis

  1. ThomasS August 2, 2012 / 20:30

    Ein Fläschchen Hochprozentiges in der Schublade kann über manche akute Krisensituation hinweghelfen. 😉

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  2. Stancer August 3, 2012 / 21:19

    Habe ich immer. Aber das nehme ich nicht in mein Buch mit auf!

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